• Anthropologie,  Diskurs,  Emanzipation,  Ethik,  Identität und Individualismus,  Lehramt,  Lehre,  Leib,  Moderne,  Motive der Mythen,  Philosophie,  Platon,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Schule,  Seele,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Utopie,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    EPG II a

    Oberseminar

    EPG II a – Online

    Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    SS 2023 | donnerstags | 14:00-15:30 Uhr | online 

    Beginn: 20. April 2023 | Ende: 27. Juli 2023

    Zwischen den Stühlen

    Eine Rolle zu übernehmen bedeutet, sie nicht nur zu spielen, sondern zu sein. Wer den Lehrerberuf ergreift, steht gewissermaßen zwischen vielen Stühlen, einerseits werden höchste Erwartungen gehegt, andererseits gefällt sich die Gesellschaft in abfälligen Reden.

    Das mag damit zusammenhängen, daß jede(r) von uns eine mehr oder minder glückliche, gelungene, vielleicht aber eben auch traumatisierende Schulerfahrung hinter sich gebracht hat.

    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Es sind viele potentielle Konfliktfelder, die aufkommen können im beruflichen Alltag von Lehrern. Daß es dabei Ermessenspielräume, Handlungsalternativen und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eigenen Ideale mit ins Spiel zu bringen, soll in diesem Seminar nicht nur thematisiert, sondern erfahrbar gemacht werden.

    Das Selbstverständnis und die Professionalität sind gerade bei Lehrern ganz entscheidend dafür, ob die vielen unterschiedlichen und mitunter paradoxen Anforderungen erfolgreich gemeistert werden: Es gilt, bei Schülern Interesse zu wecken, aber deren Leistungen auch zu bewerten. Dabei spielen immer wieder psychologische, soziale und pädagogische Aspekte mit hinein, etwa wenn man nur an Sexualität und Pubertät denkt. — Mitunter ist es besser, wenn möglich, lieber Projekt–Unterricht anzuregen, wenn kaum mehr was geht.

    Es gibt klassische Konfliktlinien, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht selten die eigenen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hineinspielen. Aber auch interkulturelle Konflikte können aufkommen. Das alles macht nebenher auch Kompetenzen in der Mediation erforderlich. — Einerseits wird individuelle Förderung, Engagement, ja sogar Empathie erwartet, andererseits muß und soll gerecht bewertet werden. Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund, daß dabei Lebenschancen zugeteilt werden.

    Gerade in letzter Zeit sind gestiegene Anforderungen bei Inklusion und Integration hinzugekommen. Auch Straf– und Disziplinarmaßnahmen zählen zu den nicht eben einfachen Aufgaben, die allerdings wahrgenommen werden müssen. — Ein weiterer, immer wieder akuter und fordernder Bereich ist das Mobbing, das sich gut ›durchspielen‹ läßt anhand von Inszenierungen.

    Es gibt nicht das einzig richtige professionelle Verhalten, sondern viele verschiedene Beweggründe, die sich erörtern lassen, was denn nun in einem konkreten Fall möglich, angemessen oder aber kontraproduktiv sein könnte. Pädagogik kann viel aber nicht alles. Bei manchen Problemen sind andere Disziplinen sehr viel erfahrener und auch zuständig. — Unangebrachtes Engagement kann selbst zum Problem werden.

    Wichtig ist ein professionelles Selbstverständnis, wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu kennen, und mitunter auch einfach mehr Langmut an den Tag zu legen. Zudem werden die Klassen immer heterogener, so daß der klassische Unterricht immer seltener wird. — Inklusion, Integration oder eben Multikulturalität gehören inzwischen zum Alltag, machen aber Schule, Unterricht und Lehrersein nicht eben einfacher.

    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit setzen zwar hohe Erwartungen in Schule und Lehrer, gefallen sich aber zugleich darin, den ganzen Berufstand immer wieder in ein unvorteilhaftes Licht zu rücken. — Unvergessen bleibt die Bemerkung des ehemaligen Kanzlers Gehard Schröder, der ganz generell die Lehrer als faule Säcke bezeichnet hat.

    „Ihr wißt doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.“

    Dieses Bashing hat allerdings Hintergründe, die eben darin liegen dürften, daß viel zu viele Schüler*innen ganz offenbar keine guten Schulerfahrungen gemacht haben, wenn sie später als Eltern ihrer Kinder wieder die Schule aufsuchen.

    Ausbildung oder Bildung?

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tatsächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

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  • Anthropologie,  Diskurs,  Emanzipation,  Ethik,  Identität und Individualismus,  Lehramt,  Lehre,  Leib,  Melancholie,  Moderne,  Moral,  Philosophie,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Seele,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Utopie,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    EPG II b

    EPG II b (Online und Block)

    Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    SS 2023 | Beginn: 30. Juni 2023 | Ende: 13. August 2023 | Online und Block
    Ab 30. Juni 2023: 5 Seminare online | freitags: 14:00–15:30 Uhr, sowie
    3 Workshops im Block: Fr, 11.08.2023 | Sa, 12.08.2023 | So, 13.08.2023
    jeweils 14–19 Uhr | Raum: 30.91-012.
     
    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Zwischen den Stühlen

    Eine Rolle zu übernehmen bedeutet, sie nicht nur zu spielen, sondern zu sein. Wer den Lehrerberuf ergreift, steht gewissermaßen zwischen vielen Stühlen, einerseits werden höchste Erwartungen gehegt, andererseits gefällt sich die Gesellschaft in abfälligen Reden. — Das mag damit zusammenhängen, daß jede(r) von uns eine mehr oder minder glückliche, gelungene, vielleicht aber eben auch traumatisierende Schulerfahrung hinter sich gebracht hat.

    Es sind viele potentielle Konfliktfelder, die aufkommen können im beruflichen Alltag von Lehrern. Daß es dabei Ermessenspielräume, Handlungsalternativen und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eigenen Ideale mit ins Spiel zu bringen, soll in diesem Seminar nicht nur thematisiert, sondern erfahrbar gemacht werden.

    Das Selbstverständnis und die Professionalität sind gerade bei Lehrern ganz entscheidend dafür, ob die vielen unterschiedlichen und mitunter paradoxen Anforderungen erfolgreich gemeistert werden: Es gilt, bei Schülern Interesse zu wecken, aber deren Leistungen auch zu bewerten. Dabei spielen immer wieder psychologische, soziale und pädagogische Aspekte mit hinein, etwa wenn man nur an Sexualität und Pubertät denkt. — Mitunter ist es besser, wenn möglich, lieber Projekt–Unterricht anzuregen, wenn kaum mehr was geht.

    Es gibt klassische Konfliktlinien, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht selten die eigenen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hineinspielen. Aber auch interkulturelle Konflikte können aufkommen. Das alles macht nebenher auch Kompetenzen in der Mediation erforderlich. — Einerseits wird individuelle Förderung, Engagement, ja sogar Empathie erwartet, andererseits muß und soll gerecht bewertet werden. Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund, daß dabei Lebenschancen zugeteilt werden.

    Gerade in letzter Zeit sind gestiegene Anforderungen bei Inklusion und Integration hinzugekommen. Auch Straf– und Disziplinarmaßnahmen zählen zu den nicht eben einfachen Aufgaben, die allerdings wahrgenommen werden müssen. — Ein weiterer, immer wieder akuter und fordernder Bereich ist das Mobbing, das sich gut ›durchspielen‹ läßt anhand von Inszenierungen.

    Es gibt nicht das einzig richtige professionelle Verhalten, sondern viele verschiedene Beweggründe, die sich erörtern lassen, was denn nun in einem konkreten Fall möglich, angemessen oder aber kontraproduktiv sein könnte. Pädagogik kann viel aber nicht alles. Bei manchen Problemen sind andere Disziplinen sehr viel erfahrener und auch zuständig. — Unangebrachtes Engagement kann selbst zum Problem werden.

    Wichtig ist ein professionelles Selbstverständnis, wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu kennen, und mitunter auch einfach mehr Langmut an den Tag zu legen. Zudem werden die Klassen immer heterogener, so daß der klassische Unterricht immer seltener wird. — Inklusion, Integration oder eben Multikulturalität gehören inzwischen zum Alltag, machen aber Schule, Unterricht und Lehrersein nicht eben einfacher.

    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit setzen zwar hohe Erwartungen in Schule und Lehrer, gefallen sich aber zugleich darin, den ganzen Berufstand immer wieder in ein unvorteilhaftes Licht zu rücken. — Unvergessen bleibt die Bemerkung des ehemaligen Kanzlers Gehard Schröder, der ganz generell die Lehrer als faule Säcke bezeichnet hat.

    „Ihr wißt doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.“

    Dieses Bashing hat allerdings Hintergründe, die eben darin liegen dürften, daß viel zu viele Schüler*innen ganz offenbar keine guten Schulerfahrungen gemacht haben, wenn sie später als Eltern ihrer Kinder wieder die Schule aufsuchen.

    Ausbildung oder Bildung?

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tatsächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

    Stichworte für Themen

    #„ADHS“ #Aufmerksamkeit #Bewertung in der Schule #Cybermobbing #Digitalisierung #Disziplinarmaßnahmen #Elterngespräche #Erziehung und Bildung #Genderdiversity #Heldenreise und Persönlichkeit in der Schule #Inklusion #Interesse–Lernen–Leistung #Interkulturelle Inklusion #Islamismus #Konflikte mit dem Islam in der Schule #Konfliktintervention durch Lehrpersonen #LehrerIn sein #Lehrergesundheit #Medieneinsatz #Medienkompetenz #Mitbestimmung in der Schule #Mobbing #Online-Unterricht #Political Correctness #Professionelles Selbstverständnis #Projektunterricht #Pubertät #Referendariat #Respekt #Schule und Universität #Schulfahrten #Schulverweigerung #Sexualität und Schule #Strafen und Disziplinarmaßnahmen #Ziviler Ungehorsam

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    Sprache, Macht und Hintersinn

    Am Anfang war das Wort

    Es spricht einiges für die mythisch motivierte Spekulation, daß am Anfang und noch vor Erschaffung der Welt, bereits das Wort vorhanden gewesen sein muß.

    Tatsächlich läßt sich die Hypothese nur schwer abweisen, daß Affen, die sich aus welchen Gründen auch immer, in der Kopf setzen, auszuwandern aus dem Affenparadies, bereits über Kompensationsmöglichkeiten verfügen mußten. — Während Instinkte auf Lebensräume adaptieren, ist eines der Merkmale für die Sonderstellung des Menschen eine spezifische Umweltoffenheit.

    Philosophie beginnt mit Staunen, daher ist es angebracht, auch angebliche Selbstverständlichkeiten generell in Frage zu stellen: Seit wann verfügen wir über Sprache? Warum ›haben‹ wir eigentlich Sprache oder ›hat‹ die Sprache nicht vielmehr uns? — Was geschieht, wenn wir das Wort ergreifen oder auch, wenn uns Worte ergreifen? Wie ist es überhaupt möglich, daß wir sogar über imaginären Welten reden können, die nicht wirklich sind? 

    Es ist erstaunlich, daß wir mit Worten auch Dinge ›repräsentieren‹ können, die gar nicht vorhanden sind. Selbst wenn Vorstellungen an sich irreal sind, erscheinen sie gleichwohl im Nu vor dem inneren Auge. Daher wird Staunen in der Philosophie zur Methode. Es gilt, sich erst einmal vorstellen zu können, was wir verstehen möchten. Der Umgang mit dem Fiktiven ist daher von ganz erheblicher Bedeutung.  

    Allein diese Formulierung ›nicht wirklich‹ hat es in sich. Man könnte fragen: Also was jetzt, wirklich oder nicht wirklich? Aber genau das, etwas in der Schwebe lassen zu können, macht Inspiration erst möglich. 

    Münchhausens Abenteuer. Postkartenserie nach den Lügengeschichten des Baron Münchhausen. — Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Banal ist das alles nicht. Sprache als solche verstehen zu wollen bedeutet, den Menschen als solchen verstehen zu müssen. Denn wir sind nur, weil wir Sprache haben und die Sprache hat uns. Zugleich sind da nämlich auch Grenzen, wie Ludwig Wittgenstein konstatiert:

    Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt. (Ludwig Wittgenstein: Tractatus. Satz 5.6.)

    Es ist nicht einfach, ausgerechnet in wichtigen Momenten, die wieder und wieder vorkommen, die richtigen Worte zu finden. — Also wird bei Wittgenstein süffisant anempfohlen:

    Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen.(Ludwig Wittgenstein: Tractatus. Ebd. Satz 7.

    Wenn Adam und Eva im Paradies den Auftrag erhielten, für alles Namen zu finden, dann kann das nur der Anfang gewesen sein. — Menschliche Sprache ist weit mehr als einfache Nomenklatur , sie erzeugt ganze Vorstellungsweisen für Wirklichkeiten, Wahrnehmungen, Empfindungen und Sehnsüchte. Sie kann mit Tabus auch eingeschränkte Wirklichkeiten erzeugen, die nicht zur Sprache gebracht werden dürfen.

    Es gilt, mit den Mitteln der Sprache über die Grenzen unseres Artikulations– und Differenzierungsvermögens hinauszugehen. — Aber das ergriffene Wort muß getragen sein von einer Weltauffassung, von Weltanschauungen, Kultur, Lebenswelt, Philosophie, Dichtung, Kunst und Wissenschaft, ansonsten werden die Worte sang– und klanglos einfach nur verklingen.

    Reden über Abwesendes

    Entscheidend ist, daß die Worte oft selbst wie Repräsentanten fungieren. Wo etwas tabuisiert ist, werden Worte stumm. Damit verschwinden aber auch die von diesen Worten repräsentierten Phänomene. Sie geraten außer Reichweite unserer Wahrnehmungen und verschwinden jenseits unseres Vorstellungsvermögens. — Man wird ohne Sanktionen nicht einmal mehr nach ihnen fragen.

    John Collier (1850–1934): Collier: Priestess of Delphi (1891). — Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Sie sind dann nicht mehr wahrnehmbar und auch nicht mehr mitteilbar. Es sind bemerkenswerte dialogische und diskursive Anforderungen, die wir tagtäglich erfüllen, um im inneren Theater unseres konsensual koordinierten Vorstellungsvermögens die Kulissen solange zu verschieben, bis wir einsichtsfähig werden. — Wie anspruchsvoll diese Kunst eigentlich ist und worauf es dabei ankommt, läßt sich an einem interessanten Beispiel demonstrieren:

    Francine Patterson, Forschungs–Direktorin der Kalifornischen Gorilla Foundation, hatte in rund 25 Jahren ein Gorillaweibchen namens Koko mit einer Zeichensprache im Umfang von etwa tausend Zeichen vertraut gemacht, nebst einiger englischer Lautwörter, um sich auf diese Weise mit ihr verständigen zu können.

    Ein Internetprovider inszenierte daraufhin als Werbegag die Möglichkeit, mit Koko via Internet zu kommunizieren. Die Fragen sollten in die Zeichensprache übersetzt, Kokos Antworten von Mitarbeitern am Terminal ins Internet eingegeben werden.

    “Der Chat begann, Talika faßte sich als erste Mut: ›Hallo Koko, es ist eine Ehre, dich zu treffen.‹ Kokos Antwort war erstaunlich: ›Gut hier.‹ Und als der Moderator die ersten Fragen einsammelte, huschte ein entschiedenes ›Koko liebt Essen!‹ über die Bildschirme. (…) Ob sie Vögel mag, wollte einer wissen. Koko ging zum Fenster, schaute hinaus, und meinte plötzlich: ›Fake‹. Das kommt immer dann, wenn von Dingen die Rede ist, die nicht hier und jetzt präsent sind, erklärte Dr. Patterson.” (Dieter Grönling: ›Koko liebt Essen!‹ Fragestunde mit einem Flachlandgorilla im Internet. In: die tageszeitung, 30. April 1998. S. 20.)

    Man spricht offenbar als Gorilladame nicht über Abwesendes, schon gar hinter dem Rücken der Dinge, über Sachen und Lebewesen, die im Augenblick nicht ›da‹ sind. — Offenbar fehlt das Vorstellungsvermögen, so daß ein Fake deklariert wird, wenn Sachen nicht vorhanden sind.

    Da nun die Grammatik zuständig ist für die Ontologie, wird bereits im Vorfeld darüber befunden, ob etwas ›existent‹ ist oder aber nicht. Und über Nicht–Vorhandenes zu reden, ist doch Unsinn, oder? — Es ist, als würde die Grammatik bei Koko streiken und jeden Versuch vereiteln, etwas zur Sprache zu bringen, das nicht wirklich, sondern nur in der Vorstellung ›ist‹.

    Dabei können Imaginationen zugleich vorhanden und nicht vorhanden sein, nämlich in unserer Phantasie, die bei Bedarf auch fliegende rosarote Elefanten zur Verfügung stellt. Insofern haben wir es bei Koko mit einem begrenzten Vorstellungsvermögen zu tun; Grenzen, die wir als Menschen anstandslos überschreiten. — Aber es ist nicht einfach, sich Phantasie als solche überhaupt vorzustellen.

    Bewußtsein läßt sich als System beschreiben, das mit einer großen Vielfalt von unterschiedlichen Beobachtungsbeobachtungen operiert. Dabei geht es um Blickwinkel, Perspektiven und Differenzen, die gegeneinander und miteinander ins Verhältnis oder auch in Kontrast gesetzt werden. — Dieses Beobachten von Wahrnehmungswahrnehmungen kann ad Infinitum immer komplexer werden, vom einfachen Bewußtsein über das Selbstbewußtsein, bis hin zum Geist.

    Demnach gibt es stets ein Bewußtsein, das aus anderer Warte ein anderes in seiner Wahrnehmung beobachtet. Erst dadurch wird diese Wahrnehmung ihrerseits ›bewußt‹. — Ich weiß dann nicht einfach nur, sondern ich weiß, daß ich etwas weiß, dessen ich mir bewußt bin.

    Darin liegt einer der wesentlichen Unterschiede zu den Tieren: Es ist uns durch Erleben im eigenen Vorstellungsvermögen möglich, so zu verfahren, als wären wir ›mittendrin‹, inmitten der Ereignisse. — Dabei wissen wir zugleich, daß alles ›nur‹ imaginiert ist, daß es reine Phantasiewelten sind.

    Allerdings können wir in und mit diesen imaginären Welten unseren geistigen Horizont ganz beträchtlich erweitern. Wir können alle erdenklichen Erlebnisse, Erfahrungen und Beobachtungen machen, die von erheblicher Bedeutung sein können.

    Phantasie ist eine erstaunliche Fähigkeit, die nicht genug gewürdigt werden kann. Derweil liegt die eigentliche Kunst darin, einigermaßen ›konstruktiv‹ zu imaginieren, um dann möglichst genau darüber zu sprechen.

    Quadre ’L’art de la conversa’, de René Magritte. Exposició de Caixafòrum a Barcelona, març de 2022.—Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Diese Illustration bewußt mirakulös. Unschwer ist zu erkennen: Es ist ein ‘Magritte’. Aber nicht dieser ist hier das Thema oder sein Surrealismus, auch dieser steht nicht im Zentrum. Tatsächlich handelt es sich um den Ausschnitt aus dem Katalog einer Kunstausstellung über René Magritte in Barcelona. Die Gemälde–Beschriftung liefert dazu einen sicheren Anhaltspunkt. — Dieses ganze Arrangement soll illustrieren, daß wir hochkomplexen Zusammenhänge ›lesen‹, ›interpretieren‹, ›deuten‹ und ›verstehen‹ können.

    Daher rührt aber auch eine bis heute nachwirkende Urangst, weil unsere Altvorderen auf ›frevelhafte‹ Weise die Autorität der Instinkte mißachtet und durch Sprache und Imagination die Grenzen der tierischen Lebenswelten übertreten und überwunden haben.

    Das Imaginationsvermögen erlaubt uns, auch Abwesendes zur Sprache zu bringen, als Kompensation für die verlorene Instinktsicherheit. — So sind wir uns in der Vorstellung selbst immer einen Schritt voraus, aber auch nur selten ›eins mit uns selbst‹.

    So wurden neue Möglichkeiten eröffnet, sich selbst orientieren zu können, etwa durch Erfahrungsaustausch und durch Weitergabe von Wissen. Kultur wurde als etwas völlig Neues erschaffen, als Gegenwelt zur Natur. — Dabei wurden die Voraussetzungen geschaffen für ein Vorstellungsvermögen, mit dem es möglich wurde, sich in der ganzen Welt selbst orientieren zu können.

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    Menschenbilder

    Für eine neue Pädagogische Anthropologie

    Die Aufgaben für Lehrkräfte steigen seit Jahren, weil Gesellschaft und Staat keine Vorstellung mehr haben, worauf es ankommt. — Aus Bildung ist Ausbildung geworden und das vor dem unmenschlichen Bild einer “natürlichen” Auslese, als lebten wir noch im Tierreich.

    Die Zahl der Lehrkräfte wird immer geringer, weil es kaum noch ein belastbares, positives Menschenbild gibt und Überzeugungen, dafür auch eintreten zu können. — Und die Gesellschaft gefällt sich darin, alles einfach nur abzuwälzen.

    Im Zuge der Corona–Krise ist deutlich geworden, daß etwas faul ist mit dem misanthropischen Menschenbild. Die Zeiten sind vorbei, als religiöse oder politische Ideologien noch die Vorstellungen von der “Bildung des Menschengeschlechts” beherrschten. Nur der Misanthropismus ist noch geblieben.

    Aber den miesen Menschenbildern kann man beikommen. Es gilt, eine allgemeine Ratlosigkeit, die nicht selten in tiefe Verzweiflung führen, durch neue Zuversicht zu überwinden.

    Dazu braucht es wieder ein standfestes Auftreten von Philosophen, Erziehungswissenschaftlerinnen, Pädagogen und Pädagoginnen. Aber diese müssen sich erst einmal ihrerseits neu überzeugen von der Bedeutung ihres Tuns und von der Legitimität ihrer Professionen.

    Zunächst ist in der Pädagogik selbst ein wieder motivierendes Menschenbild erforderlich. — Die Theorien dazu sind da. Es kommt nun darauf an, eine zeitgemäße Praxis und ein neues Selbstverständnis auf diesen Fundamenten zu errichten.

    Auf das Menschenbild kommt es an

    Seit Jahren gebe ich Seminare für angehende Lehrer und Lehrerinnen am KIT in Karlsruhe. — Aber jetzt möchte ich nicht mehr nur exklusiv dort wirken, sondern Seminare zur Supervision, zum Atemholen, Überlegen, Nachdenken und zu neuem Mut anbieten. Denn mir ist immer wieder aufgefallen: Die Motivation kann nur von innen kommen, von einem Menschenbild, das von einer inneren Wärme erfüllt ist.

    Der vitruvianische Mensch
    Leonardo da Vinci, ca. 1490;
    Galleria dell’ Accademia, Venedig.

    In der Theorie gibt es diese Perspektiven bereits seit 1928, als mit der Anthropologischen Wende die ersten Diskurse aufkamen darüber, welche wissenschaftlich gesicherten Aussagen gemacht werden können über das vermeintliche “Wesen des Menschen”.

    Damals entstand die Anthropologie als transdisziplinärer Diskurs über die “Conditio humana”. — Inzwischen ist daraus ein beeindruckendes Ensemble aus einer Vielzahl aller erdenklicher Wissenschaften aus Natur–, Kultur– und Geisteswissenschaften geworden.

    In Zweifelsfällen können wir diese Diskurse wie ein Orakel anrufen, um Fragen zu beantworten, deren Antworten oft nur voreingenommen sind. In solchen Streitfragen wirkt die Anthropologie wie ein wissenschaftliches Orakel.

    Wichtig ist nicht nur, was ausgesagt wird, sondern auch wie und auf welche Fragen wir tatsächlich erschöpfende Antworten erhalten. So läßt sich manches sehr klar entscheiden, weil es um belegbare Fakten und rekonstruierbare Zusammenhänge geht, die sich erörtern lassen.

    Aber noch interessanter wird es, wenn wir von der Anthropologie gar keine oder nicht erschöpfende Antworten erhalten, sondern nur noch die Auskunft, es würde ein Prinzip zugrunde liegen. So ist die Antwort auf die Frage nach dem Wesen des Menschen in etwa so zu beantworten, daß es darin liegt, sich selbst zu kultivieren, sich selbst zu “bilden”. Dann wird deutlich, wie sehr das menschliche Wesen davon geprägt ist, “offen” zu sein.

    Wir sind nicht vordefiniert wie Tiere, wir sind zur Freiheit geboren, was aber auch mit Freiheitsschmerzen verbunden ist. — Daher brauchen wir Mentoren in der Funktion von Hebammen, Begleitern und Ratgeberinnen bereits bei den ersten Schritten und auch später noch auf dem Weg in eine ganz individuelle Zukunft, in der es glücklich macht, sich selbst bei er eigenen Entfaltung über die Schulter zu sehen.

    Die “Unbestimmtheit” des menschlichen Wesens ist das, was die “Würde des Menschen” ausmacht. Darin liegt das eigentliche Geheimnis des Erfolgs in der Menschheitsgeschichte.
    Wir stehen auf den Schultern von Riesen.

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    Ich weiß, daß ich nichts weiß

    Über Urteilsvermögen im Umgang mit Nichtwissen

    Wer kennt diese Selbstaussage nicht. – Aber wer hat wirklich verstanden, was sie bedeutet? Ja, die Sentenz stammt von Sokrates und die meisten machen es sich zu leicht, wenn sie annehmen, daß  es Ausdruck seiner Bescheidenheit ist. Irrtum!

    Sokrates ist ganz und gar nicht bescheiden, er will immer alles ganz genau wissen und geht dann bis an die Grenzen dessen, was überhaupt noch möglich ist. Nicht selten steht er dann da, wie einst Keith Jarrett bei einem Konzert in Hamburg. – Der Flow kam einfach nicht und man kann ja nun die Götter nicht zwingen, wenn sie offenkundig ganz woanders was besseres zu tun haben.

    Also hat er sich redlich bemüht, ist dann aufgestanden und hat sich direkt ans Publikum gewandt mit der Frage: “Ist hier ein Pianist, der das Konzert fortsetzen kann?”

    In solchen Situationen neigen die meisten Zeitgenossen dazu, ins Glauben zu springen. Man gibt die Steuerung aus der Hand und schaltet das Denken auf Autopilot. Aber in Wahrheit weiß man doch gar nicht, wo es hingehen soll. Und beurteilen, was man denn nun annehmen oder gar glauben sollte, können die wenigsten, weil es ihnen an Urteilsfähigkeit fehlt.

    Willkürliche Motive, die mit der Sache selbst kaum etwas zu tun haben, spielen dann immer herein. Aber der eigentliche Grund für dieses Einknicken vor den Risiken der Seefahrt im Denken liegt woanders: Man kann das eigene Denken nicht in der Schwebe halten!

    Und dann wird der Mainstream bemüht, man schließt sich irgendeiner herrschenden Meinung an, die zuvor von den Alphatieren unter den Meinungsmachern bei Twitter ausgekaspert worden ist. Dankbar wird das dann von karrierebeflissenen Nachwuchskräften aufgegriffen und exekutiert. Alle, die jetzt noch anders denken, sollen entweder schweigen oder sie werden exkommuniziert. – Wo kämen wir hin mit der herrschenden Meinung, wenn jeder selbst denken wollte?

    Die wenigsten Zeitgenossen sind willens und in der Lage, die eigenen Gedanken in der Schwebe zu halten, um dann auch noch sanktioniert zu werden von Besserwissern und vor allem von Bessermenschen. – Und dennoch hat sich da eine neue Identität herausgebildet, es ist die derer, die dem Druck beachtlicherweise standgehalten haben. Es sind die, die sich haben verunglimpfen lassen, die sich tagtäglich haben “freitesten” lassen müssen, um noch ihrer Arbeit und ihren Verpflichtungen nachgehen zu können.

    “Zeit der Abrechnung”, das klingt wie der Titel für einen schlechten Western. Wobei ich allerdings zugestehen muß, daß mir ein wenig danach ist, Abrechnung. – Die Doppelmoral, sich einerseits zu verbiegen, weil man doch schon zeitlebens ein Häkchen hatte werden wollen, um dann doppelt zu kassieren, ist geradezu skandalös. Einerseits war man ja so etwas von vorbildlich des “kleinen Piksens” wegen und andererseits wurde man auch noch belohnt, durfte wieder ins Restaurant und in den Urlaub fliegen, während Sonderlinge wie ich nicht einmal mehr in den Baumarkt gehen durften, um sich wenigstens etwas zum Basteln zu holen.

    Ja, ich möchte Vergangenheitsbewältigung, bevor ich überhaupt wieder bereit bin, mich mit denen zu verständigen, die aus ihrem Herzen eine Mördergrube gemacht haben.

    Ich will mir jetzt von den Impfvordränglern nicht auch noch erklären lassen, daß ich nicht nur Impfskeptiker bin, sondern auch noch Putinversteher, wenn ich auf die Verantwortung des Westens unter der egomanischen Führung der USA hinzuweisen nicht müde werde. – Die rhetorischen Figuren sind dieselben, man ist dann ein Leugner, der angeblich ausgegrenzt gehört. In den Augen der Überangepaßten ist Verstehen nunmehr zur Sünde geworden.

    Ich habe frühzeitig öffentlich davor gewarnt, daß sich die Erwachsenen in ihrer panischen Angst nicht auch an Kindern, Jugendlichen und an alten und sterbenden  Menschen vergreifen dürfen. Aber die Angst hat viele ermächtigt, gewissermaßen über Leichen zu gehen. – Und jetzt will es wieder mal keiner gewesen sein. Die Vertreter der Ethik-Kommission, die Bundesverfassungsrichter und die Riege der Scharfmacher und Haßprediger zucken einfach nur mit den Schultern und möchten nicht mehr daran erinnert werden. Shit happens?

    Sorry, als es mir zu dumm wurde, habe ich seinerzeit schon zwischen Nichtdenkern und Selbstdenkern unterschieden. Und nicht selten ging es mir in der Corona-Zeit, hinter den Gitterstäben des Lockdown-Syndroms, wie dem Panther von Rilke und wie Keith Jarrett im mißlungenen Konzert von Hamburg.

    Über dem Eingang zur Akademie von Platon in Athen soll der Spruch gestanden haben, es möge niemand eintreten, der nichts von Mathematik verstünde, was damals eher eine durchaus anschauliche Geometrie war. – Mein Prinzip habe ich bei Hans Blumenberg gefunden, der davon sprach, daß man den Augenhintergrund spiegeln sollte, um zu sehen, worauf andere wirklich Wert legen.

    Es ist ja nun nicht so, daß nicht ein und derselbe Gedanke immer wieder, in allen erdenklichen Darreichungsformen geboten worden ist. Hier etwa bei Frankie Goes to Hollywood:

    “Relax, don′t do it
    When you wanna go do it
    Relax, don’t do it
    When you wanna come”

    In meinen Seminaren fordere ich dazu auf, auch steile Thesen zu vertreten. Die Kunst liegt schließlich darin, möglichst genau in Erfahrung zu bringen, wann eine Theorie kollabiert. Nicht wenige brechen bereits an ihrem eigenen Gewicht in sich zusammen, man muß sie nicht einmal schief anschauen.

    Dann gibt es welche, die unter Belastung erstaunlich lange halten, worauf ich dann aber den Meistertest mache, ob eine hochmögende Auffassung auch in der Lage ist, sich selbst zu ertragen. – Eine gute Theorie sollte fähig sein, “neben sich” auch noch ganz andere, womöglich konkurrierende Auffassung tolerieren und mit ins Gespräch ziehen zu können.

    Wenn eine Theorie die das nicht kann, weil deren Vertreter zumeist derart überzeugt sind von ihrer “Alternativlosigkeit”, dann disqualifizieren sie sich selbst, denn das ist unphilosophisch und nicht selten auch unmoralisch.  – Sokrates war gerade nicht bescheiden, ganz im Gegenteil. Die anderen, haben ihn zum Tode verurteilt, weil sie das Philosophieren nicht mehr ertrugen, weil sie nicht weiterhin bei ihren Dummheiten öffentlich überführt werden mochten.

    Sokrates glaubt den Priestern des Orakels nicht, weil er es doch besser von sich weiß, weil er weiß, daß er nichts weiß. – Darauf beginnt er seine Kampagne, mit der er sich in den Augen der Honoratioren unmöglich macht, wenn er sie der Reihe nach alle vorführt. – Ich habe schon oft darüber nachgedacht, ob es nicht auch ein geschicktes Manöver der Priester von Delphi gewesen sein könnte, dafür zu sorgen, daß Sokrates sich selbst unmöglich zu machen beginnt.

    Mark Antokolski: Death of Socrates, 1875.

    Ich stelle mir vor, wie Sokrates in seiner ganzen Barfüßigkeit an einer Seite die Agora betritt und auf der anderen Seite die gefühlt Wissenden fluchtartig das Weite suchen. Wer nicht schnell genug ist, wird sich einem Gespräch stellen müssen, das eigentlich nicht dazu dient, den anderen nur vorzuführen, denn das machen die Besserwisser schon selbst.

    Ihr Fehler ist kardinal, sie meinen, daß man dieses und jenes wirklich so verbindlich und eindeutig wissen könne, so daß man richten kann über andere, die eben nicht “richtig” denken. – Genau diese hochmögenden Zeitgenossen werden jetzt aber vorgeführt, indem ihnen die Gelegenheit gegeben wird, sich selbst vorzuführen.

    Aber es geht dabei keineswegs um eine Kampf, wie so viele noch immer meinen. Als wäre Philosophie so etwas wie eine Lust am Scharmützel, wobei es darauf ankäme, andere derart in Verlegenheit zu bringen, so daß sie “nichts mehr sagen können”. – Ein wirklicher philosophischer Dialog hat dagegen immer etwas Konsensuelles. Man spricht gemeinsam etwas an und entwickelt dann auch gemeinsam weitergehendes Denken.

    Dabei wird es aber immer komplexer, weil wir ganz allmählich gemeinsam immer mehr sehen und “einsehen”, was auch auf irgendeine Weise relevant sein dürfte. – Genau das aber halten die wenigsten aus. Sie glauben ernsthaft, am Ende käme immer nur die einzige, unteilbare, wissenschaftlich-wissenschaftliche Wahrheit über die wirklich wirkliche Wirklichkeit dabei heraus. Und alle hätten sich nun dieser einzigen Wahrheit wie beim Götzendienst zu unterwerfen.

    Gerade diese Zeitgenossen haben sich gehen lassen während der bleiernen Zeit. Man konnte mal wieder so richtig einer einzig richtigen Auffassung sein und endlich auch mal wieder den Blockwart geben. Ich habe mich gern von manchen Menschen getrennt in dieser Zeit, weil ich gesehen habe, daß sie mir auch bisher eigentlich immer nur meine Denkzeit gestohlen und die Musen vergrault haben.

    Die ganz große Feigheit kam bei denen hinzu, die sich in die Schweigespirale zurückgezogen haben, und rein gar nichts mehr kund getan haben. Sie haben ihr Süppchen im Stillen gekocht. – Aber auch sie sind mit verantwortlich für de Irrsinn, in den sich ein Großteil der Gesellschaft vor allem in Deutschland hat von einer Presse treiben lassen, die sich plötzlich wie die Heilige Inquisition aufgeführt hat. – Ja, und jetzt kommt die Abrechnung, wenn die unseligen Unsäglichkeiten aus den Protokollen der Pantherzeit wieder zum Besten gegeben werden. Im Nachhinein klingt das alles noch schauderhafter, so daß man sich fragen möchte, wie sehr wollen eigentlich die, die sich da so haben gehen lassen, mit ihrem Schamempfinden klar kommen?

    Sie haben sich verführen, in ihrer eingebildeten Gewißheit zu wissen, was sie nicht wissen können, und das alles mit gefährlichem Halbwissen. Mit Entsetzen denke ich an die vielen unbeholfenen Gespräche über naturwissenschaftliche Zusammenhänge zurück, die einfach nur heillos verliefen.

    Ja, es ist so. Wir wissen nichts! – Das hat der griesgrämige Herbert Wehner in dem berühmten Fernsehinterview mit Hans Dieter Lueg mit aggressiver Hochpotenz unbezweifelbar klar gestellt. –  Übrigens ist es köstlich, wie sich beide beharken und Wehner sein Gegenüber als “Herr Lüg” tituliert, worauf dieser, gar nicht verlegen mit “Herr Wöhner” kontert.

    Ungefähr so stelle ich mir eine philosophische Performance des Philosophen unter den Philosophen vor, wie er, gefolgt von einer Entourage hochwohlgeborener Jünger den Honoratioren wieder einmal eine Abfuhr nach der anderen erteilte und die Jünglinge darüber in wieherndes Gelächter ausbrachen. Nichts ist schlimmer als die eingebildete Weisheit, daher habe ich auch kein Mitleid, denn die Vertreter des Nichtselbstdenkens haben sich den Spott redlich verdient.

    Und nein, wir stehen keineswegs nackt da, sondern ganz im Gegenteil. Es wird sogar immer bunter, sobald das Denken ins Schweben kommt, weil sich immer mehr gute Geister einstellen, denn wo einer ist, kommen bald schon andere hinzu. – Das geschieht aber nur, wenn gar nicht mehr irgendein Anspruch erhoben wird, irgendetwas jetzt aber nun ernsthaft und unbezweifelbar mit Gewißheit wissen zu können und zwar so, daß sich andere gefälligst daran zu halten haben.

    Worauf es beim Umgang mit Nichtwissen ankommt? – Wir verfügen hoffentlich über eine Urteilskraft, die sich auf das Schweben versteht. Und dieses Urteilsvermögen ist für Situationen zuständig, in denen wir einfach nicht genug wissen können.

    Philosophie ist daher auch nicht einfach nur eine Tätigkeit, es geht auch nicht nur um Techniken des Denkens, Schlußfolgerns und Beweisens. Es geht vielmehr um eine Lebenshaltung, die allerdings auch eingeübt werden kann.

    Wenn Dialoge und Diskurse sich in unserer einfältigen Zeit und unter Absehung der vielen Eindimensionalitäten endlich einmal lösen von der Gedankenschwere ihrer Blindheit und riskieren, mit dem Schweben zu beginnen, dann ist es der Ausdruck von Selbstbewußtsein.

    Man muß es sich eben auch leisten können, vielen Gedanken ihre Chancen zukommen zu lassen. Dann ist Schluß mit diesem grimmigen Rechthabenwollen, wenn endlich die Einstimmung in die philosophische Grundhaltung aufkommt, um bereitwillig Platz zu machen für den Auftritt aller erdenklicher Gedanken, Gefühle und Geister, von denen einer bemerkenswerter als der andere ist.  

    Wenn dem so ist, dann kann Geist aufkommen. Aber dieser macht das nur in Ausnahmesituationen, weil er ansonsten weit besseres zu tun hat. – Wenn wir uns aber diese Freiheiten herausnehmen im Gespräch, dann kommt auf, was in den alten Schriften als “Lachen der Weisen” dargestellt wird.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

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    Bildungskatastrophe II

    „Ich weiß, was auf mich zukommt, aber ich will trotzdem Lehrerin werden“, sagte mir neulich eine Lehramtsanwärterin, nachdem es im Seminar mal wieder düster geworden war und sich kein Silberstreif am Horizont mehr abzeichnete.

    Seit 10 Jahren veranstalte ich nun Seminare zur Berufsethik für Lehrern und Lehrerinnen am KIT in Karlsruhe. Wir machen keine Textarbeit, wie es üblich ist in der Philosophie.

    Es soll nicht um Theorie gehen, sondern die Praxis selbst ist das, was wir durchspielen, mit dem ganze Arsenal möglicher Konflikte.

    Dabei lautet einer der bewußt provokanten Leitsprüche: „Wer einen Burnout bekommt, macht etwas falsch. Profis bekommen keinen Burnout“. – Also versuchen wir, gemeinsam zu entwickeln, wie man es „richtig“ macht.

    Aber wenn die Ansprüche und Widersprüche mal wieder über den Kopf wachsen, etwa beim Thema „Inklusion“, dann zweifle ich in letzter Zeit an der Berechtigung dieser eigentlich witzig  gemeinten Maxime. Tatsächlich werden die Ansprüche an Lehrpersonen immer höher, aber die Wertschätzung wird immer geringer. Wie soll das eigentlich auf Dauer gut gehen?

    Inzwischen kokettiert die Gesellschaft bereits mit ihrer Bildungsferne, wie es Altkanzler Schröder vorgemacht hat. Einer Schülerzeitung hat er im Interview mal die Binsenweisheit verkauft: „Ihr wißt doch alle, daß Lehrer faule Säcke sind“.

    Mein Glaube an die Mission einer humanistischen Pädagogik sieht sich immer größeren Prüfungen ausgesetzt. In den goldenen 70er Jahren wurde der Alarmruf von der „Bildungskatastrophe“ noch wirklich ernst genommen, die Gesellschaft war schockiert und von seiten der Politik wurde massiv gegengesteuert. Heute zuckt man nur noch mit den Schultern.

    Mir scheint, die Basis für Humanismus, Aufklärung und Bildung ist abhanden gekommen. Die Fundamente tragen nicht mehr und die Leitbilder, die noch vor Generationen galten, sind demoliert. Aber ohne ein Bewußtsein für das, was von Wert ist, wird nicht mehr gelingen, was doch gelingen muß, Entwicklung in jeder Generation neu.

    Wenn in den Märchen das Ungeheuer die Bühne betritt, dann verliert das Leben schon bald jeden Reiz. Das Ungeheuer verlangt täglich noch mehr Opfer und man hat schlußendlich zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Das ist der Inbegriff einer Krise, wie sie nicht nur Individuen, sondern auch ganze Gesellschaften ergreifen kann. – Zumeist werden Kinder als Opfer verlangt, was unschwer zu deuten ist, dann damit steht die Zukunft der ganzen Gesellschaft auf dem Spiel.

    Catalina Schröder: Lehrermangel an Grundschulen. Bildungsland bald abgebrannt. DLF, 29.08.2022. 

    Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II.

     

     

     

  • Anthropologie,  Ausnahmezustand,  Corona-Politik,  Diskurs,  Identität und Individualismus,  Kunst,  Moderne,  Moral,  Politik,  Psyche,  Religion,  Theorien der Kultur,  Utopie,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Die Vernunft, die Musen und das Glück

    Über Momente des Glücks, für die zu leben sich lohnt

    In der Medizin setzen nicht-invasive Eingriffe inzwischen neue Maßstäbe. Derweil betreibt die Politik noch immer hemdsärmeligen Interventionismus. Vernunft oder gar Geist sind unerwünscht.

    So ist die Homöopathie dieser Tage gestrichen worden von den Fortbildungen für Ärzten. Sie paßt nicht mehr in diese selbstverliebte Zeit. Man glaubt, größere Probleme nur mit schweren Waffen „lösen“ zu können. – Es wäre aber zu empfehlen, mehr über Soziale Systeme zur Kenntnis zu nehmen.

    Die Maulaffen-Performance aus Coronas Zeiten wird unbeirrt weiter fortgesetzt. Dabei ist die Welt längst aus dem Rhythmus geraten, weil Politiker in vielen Ländern allen Ernstes meinten, sie könnten auf Handsteuerung umschalten. Größenwahn inmitten einer Krise ist das Dümmste, was passieren kann.

    Es gibt nämlich gar kein Cockpit, keine Brücke mit Kapitän und Steuermann. Soziale Systeme haben alle ihren eigenen Autopiloten. Sie steuern sich selbst, ganz im Sinne ihrer internen Codes, ob Politik, Wissenschaft, Gesundheit, Recht, Religion, Kunst oder Liebe. – Es gibt keine Hebel der Macht. Das sind naive Vorstellungen, die eigentlich nie der Wirklichkeit entsprachen.

    Allerdings gibt es mehr oder minder große Dummheiten, die anfangs noch naiv, dann aber fahrlässig und bald schon unverantwortlich werden. „Gut gemeint“ ist nicht „gut gemacht“, beileibe nicht.

    Wer sich keinen Kopf macht, kann ihn auch nicht verlieren, das glauben wohl manche von denen, die immer vorneweg sind:

    „So tu doch was!“

    „Was soll ich denn tun?“

    „Das weiß ich auch nicht. –

    Aber tu doch endlich irgendwas!“

    Auch das 9 Euro-Ticket ist wieder so eine prekäre Meisterleistung. Es ist überhaupt keine gute Idee, gleich ganze Systeme zu marodieren, so wie zuvor noch die Kliniken in der Corona-Krise. Inzwischen sitzen alle erdenklichen Leute spaßeshalber im Zug und nehmen denen die Plätze weg, die nur zur Arbeit fahren. – Das Bahn-Bashing ist jetzt zur Freizeitunterhaltung geworden.

    Oder der staatliche Tankrabatt, der nicht wirklich an der Tanksäule ankommt, weil er vorher abgefischt wird. Und dann regen sich alle wieder auf über die bösen Spekulanten. – Es war seinerzeit eine Freude, als manche davon kalt erwischt wurden im Lockdown.

    Sie hatten große Kontingente an Sprit in Termingeschäften erworben aber gar keine eigenen Lagerkapazitäten. Als sie die Ware zum erhöhten Preis abnehmen sollten, mußten manche draufzahlen, damit ihnen irgendwer das Zeug zum Dumpingpreis noch vor der Lieferung abkauft.

    Was kann Politik? Wenn sie klug, vielleicht sogar vernünftig oder eventuell auch geistreich wäre, dann könnte sie einiges bewirken. Aber nicht durch Södern, Flickschusterei und Populismus. Jetzt mal eben eine Übergewinnsteuer zu beschließen, ist bereits am wissenschaftlichen Dienst gescheitert. Das geht glücklicherweise nicht auch noch, weil ein paar Grundgesetze im Wege stehen.

    Wir haben Privatwirtschaft und diese setzt sich selbst ihre Ziele, wie jedes andere System auch. – Schlechte Politik bringt aber die Systeme derart aus der Routine, so daß Desaster nicht mehr ausgeschlossen sind. So war und ist der Umgang des Staates mit Bahn, Bildung und Gesundheit einfach nur katastrophal. Mal eben Kindergärten und Schulen schließen, das war auch wieder so eine Meisterleistung.

    Ins Gesundheitswesen hat die Politik derart krass hineinregiert, so daß der eigentliche Zweck längst ins Hintertreffen geraten ist. Geht es wirklich noch um Gesundheit, wo die Fallpauschalen alles beherrschen?

    Neuerdings sind bereits die ersten Investoren auf besonders lukrative Arztpraxen aufmerksam geworden? Krankenhäuser sind bereits Spekulationsobjekte, die natürlich nur noch vorhalten, was sich rentiert, nicht gesundheitlich, sondern eben ökonomisch. – Und die Vorfinanzierung teurer Geräte für Facharztpraxen ist offenbar die nächste Stufe.

    Aber die Patienten spielen mit und lassen sich brav von Termin zu Termin schicken. Es passiert ja was, es wird ja was getan. Auf den Dossiers der Laboruntersuchungen finden sich Handreichungen für den werten Leser, für die man keinen Arzt mehr braucht. – Es ist ausgewiesen, was als “normal” gilt und was gemessen wurde. Aber die Normalität wurde als solche oft aus ganz anderen Gründen beschlossen, die mit Gesundheit selbst nichts zu tun hat. So sind die Werte für Blutdruck immer wieder gesenkt worden und die Zahl der Patienten stieg. Die wundersame Vermehrung gibt es also auch in der Medizin.

    Wer wird sich da noch vertrauensvoll in die Hände solcher Weißkittel begeben? – Aber die Leute vertrauen doch nur zu gern, um die eigenen Verantwortung nicht spüren und schon gar nicht tragen zu müssen. Wir leben in Zeiten eines neuen Paternalismus.

    Die Allermeisten konsumieren ihre eigene Unmündigkeit. Sie wollen mit der eigenen Erkrankung höchstselbst eigentlich nichts zu tun haben. Also sind sie auch nicht wirklich bei der Sache, dabei sollte es doch eigentlich um Heilung gehen.

    Krankheit ist dann kein Weg mehr, sondern nur wie Kalk im Wasserkessel, der weggemacht werden soll. Wenn ein Leiden “nur” psychisch bedingt ist, dann ist es eher so etwas wie pure Einbildung. – Nur, was sich messen läßt, hat ein Recht darauf, überhaupt ernst genommen zu werden. Kann man Geistlosigkeit messen?

    Der neue Diskurs über Depression, der interessanterweise von namhaften Comedians wie Schmidt, Sträter und Krömer angestoßen wurde, dürfte allerdings nicht ohne Wirkung bleiben. – Es gibt zu denken, daß ausgerechnet die Lustigsten unter den Mitmenschen die erforderliche Eloquenz aufbringen, endlich zu sagen, daß der Clown hinter seiner Maske weint und wie ihm dabei zu Mute ist.

    Wir leben in bewegten Zeiten. Es ist Chaos genug, mehr geht eigentlich nicht. – Im Hintergrund steht eine Medienrevolution, die ihresgleichen sucht. Nur noch die Erfindung des Buchdrucks kann der Kulturrevolution, die nun ansteht, überhaupt noch das Wasser reichen.

    Unter diesen Umständen verändert sich auch die Rolle von Politikern ganz radikal. Daher rühren auch die fortwährenden Versuche, das Netz der Netze unter Kontrolle zu bekommen. – Aber so viel läßt sich jetzt schon mit Gewißheit sagen: Es wird nicht gelingen. Wenn es eine Energiequelle gibt, von der die Kulturgeschichte angetrieben wird, dann ist es die Sehnsucht nach Individualität und individueller Anerkennung.

    In diesen Zeiten ist ein „Tal der Ahnungslosen“, wie noch in der DDR, als die Antennen bei Dresden nicht hoch genug sein konnten, um Westfernsehen zu empfangen, gar nicht mehr denkbar. In den hinterletzten Winkeln der Welt wissen alle, daß woanders ein anderes Leben geführt und andere Werte gelebt werden. Die dogmatische Begründung der „Hirten“, Tugendwächter und Gesinnungswächter, verfängt einfach nicht mehr. Es gibt immer Alternativen!

    Auch im gar nicht mehr ganz so freien Westen zeigen sich Veränderungen. Die Diskurse finden nicht mehr nur in der „Systempresse“ statt, sondern überall. Und sie werden derart divers, so daß sich manche Vertreter der Presse in Missionare verwandelt haben, die wie vor Zeiten in fremden Ländern den „Aberglauben“ bekämpften, um ihre „frohe Botschaft“ vorzubereiten. – Ganz so froh war die Botschaft für die Natives dann doch nicht, wenn man bedenkt, daß außereuropäischen Kulturen einfach der eigenen Identität beraubt wurde, um sie unter die Fuchtel fremder Herrschaft zu zwingen und Geschäfte auf ihre Kosten zu machen.

    Der Westen hat unendliches Leid über alle erdenklichen Kulturen gebracht. Schweigen wir hier von den Niederlanden, von Belgien oder Frankreich. Um nur ein Beispiel zu bringen: Die Briten haben während ihrer Besatzungszeit den Indern die Sinnenfreude ausgetrieben, weil sie bei sich zuhause gerade ihren Viktorianismus hatten und den Frauen gar keine und schon gar keine eigene Lust zugestehen mochten. – Noch heute zeigen sich die traumatischen Spätfolgen in Indien anhand von Gewaltverbrechen mit sexuellem Hintergrund.

    Die fremde Herrschaft ist zwar abgezogen, man hat aber seither keinen eigenen Umgang mit Sinnenfreuden mehr, sondern eine repressive Scheu und ein Schamempfinden, unter dem es brodelt und kocht. – Die Kultur wurde mutwillig zerstört, nur um Geschäfte zu machen. Es fehlt der Respekt vor dem Geist, wo immer nur aufs Materielle gestarrt wird.

    Man denke nur an den Opiumhandel in China. Das geschah, um die eigentlich stabile Kultur in China empfindlich zu schwächen und das Land mithilfe dieser Sucht in die Kniee zu zwingen. – Der Westen möge sich also bitte nicht so aufspielen, er sollte erst einmal Buße tun, im Gedenken an diese Verbrechen. Und wenn man bedenkt, daß ein Gutteil der Landesgrenzen von den Briten gezogen wurde, in Afrika und in Asien, bewußt mitten durch Stammesgebiete, weil man den Hader immer wieder für eigene Zwecke instrumentalisieren wollte.

    Man kann inzwischen erstaunlich viel über miese Machenschaften wissen. Das meiste davon ist nicht einmal mehr geheim, sondern läßt sich im Zweifelsfall mit Links sehr schnell dokumentieren. Das ist es, was das Netz ausmacht. – So war es eine Sternstunde, als die Planespotter an verschiedenen Flughäfen der Welt ihre Beobachtungen untereinander abstimmten und dann publik wurde, daß es regelrechte Folterflüge im Auftrag der CIA gab und daß die USA in Europa geheime Gefängnisse betreibt.

    Wir stehen erst am Anfang einer neuen, unübersehbar mächtigen Kulturrevolution. So etwas dauert mehrere Generationen und das Netz läuft sich gerade erst warm.

    Auf eine Medienrevolution folgt immer eine Kulturrevolution, weil ja nun noch mehr Menschen miteinander ins Gespräch kommen, ohne daß sich Herrscher oder Priester noch dazwischenschalten könnten.

    Zuvor entschied die Kirche, ob und wie ein Text das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Aber der Buchdruck machte die Kontrolle der Kommunikation durch die Kirche unmöglich. Fortan entschieden schnell namhaft werdende Drucker, was sie drucken wollten, aus ganz eigenen Motiven heraus.  – Darauf ging die Zensur von der Kirche an den Staat über.

    Martin Luther hielt nicht viel vom Buchdruck, aber bösartige Karikaturen über Papst und Kirche brachten seiner Reformation erst den richtigen Schwung. Der Papst als Schwein mit der dreifachen Krone, das konnten auch Leute verstehen, die noch nicht des Lesens mächtig waren.

    Darauf kam die Zeitungspresse und mit ihr kamen Parlamente, Parteien und Politiker. Und mit dem Radio kamen totalitäre Systeme auf, wie Faschismus oder Sozialismus. Neue Medien sind zu vielerlei einsetzbar, im Guten wie auch im Bösen. – Derweil splittet „die“ Öffentlichkeit sich immer weiter auf. Es gibt nicht mehr die einzig wahre herrschende Meinung aller Wohlmeinenden und Wohlinformierten.

    Manche unter den Politikern kommen in ihrer neuen Rolle gar nicht mehr an. Sie können sich nicht mehr als „Repräsentanten“ verstehen, als Volksvertreter, weil das „Volk“ selbst mündig geworden ist und niemanden mehr braucht, der noch das Wort stellvertretend ergreift.

    Die Zeiten sind vergangen, als Politiker noch in aller Eitelkeit betonten, sie seien die nächste Woche wieder in der Hauptstadt. Dort würden sie dann turnusmäßig auf irgendeine Wichtigkeit von Mensch treffen, um bei Gelegenheit das gemeinsame Anliegen umso dringlicher vorzutragen. – Man sollte sich aufgehoben, ernst genommen, verstanden und vertreten fühlen.

    Jetzt braucht es sie nicht mehr, diese Form der Repräsentative Demokratie, weil sich alle selbst ausdrücken und insofern auch repräsentieren können. Es gilt, endlich mehr Demokratie zu wagen. – Warum wählen wir den Bundespräsidenten nicht online? Wahlmänner braucht es nicht mehr, also auch nicht mehr eine Bundesversammlung.

    Die Rolle von Religionsfürsten, Priestern und „Hirten“ ist vakant geworden. Daher ist es auch kein Skandal mehr, wenn sich ein Bischof aus dem Ruhrgebiet vor etwa 10 Jahren in voller Überzeugung noch gegen die gleichgeschlechtliche Elternschaft aussprach, von wegen, das sei „widernatürlich“, Kinder bräuchten nun einmal Vater und Mutter. Das ist inzwischen einfach nur noch eine beliebige Meinungsäußerung. – Rosa von Praunheim saß mit in der Diskussionsrunde und sagte baff nicht ohne Schmunzeln: Daß er das noch mal erleben dürfte!

    Es ist alles auch ein bißchen viel, was sich in den letzten Jahrzehnten so alles radikal gewandelt hat. Und Manchen geht es noch immer nicht schnell genug. Dagegen hilft eine Sentenz von Niklas Luhmann: Viele würden immerzu noch mehr Veränderungen verlangen, ohne aber zu bedenken, „wie schnell wir schon fahren“.

    Jede Intervention führt zu Gegen-Reaktionen von Seiten der Sozialen Systeme, die sich ihrerseits auf die veränderten “Umweltbedingungen” einstellen, wie die Mineralöl-Spekulanten, die bei der Gelegenheit ganz außerordentliche Gewinne erwirtschaften werden. – Das stützt übrigens auch einen schlimmen Verdacht, dem bedingungslosen Grundeinkommen gegenüber.

    Im Prinzip kann man nur für ein Grundgehalt sein, wenn es denn wirklich so kommen würde, wie es im Traum erscheint: Eine Gesellschaft, in der Menschen einander durch Kreativität beglücken, die sich endlich darauf verstünde, die vielen schlummernden Talente in vielen von uns zu erwecken. Wäre das nicht wirklich lebenswert und sogar liebenswert? – Aber wie beim Tankrabatt würde schlußendlich nur eines die Folge eines solchen Grundeinkommens sein: Die Mieten würden steigen, weil Vermieter nun einmal mit Mietwohnraum spekulieren, um möglichst hohe Gewinne zu erzielen.

    Nein, die Welt ist überhaupt nicht einfach. Das Getue von Politikern mit ihrem Hang zum Interventionismus ist Budenzauber. Deswegen hat man den Tankrabatt auch nicht an dem Großhandel gegeben, dann wäre er an den Tankstellen angekommen. Auf den Hype kam es an, auf die Show, what ever it costs.

    Die Religion soll dieser Tage durch eine deterministische Wissenschaft ersetzt werden, die päpstlicher sein soll als der Papst. – „Follow the Science?“, da fragt sich nur wohin. Im übrigen, gibt es etwas Dümmeres als diesen Spruch?

    Man kann eine Hürde auch nehmen, indem man sie nicht etwa überspringt, sondern “unterbietet”, wie Trump, Johnson, Erdogan, Putin, Jong-un oder auch wie die Taliban. Wenn man nur die Frauen oder auch die Andersdenkenden aus vorgeschobenen Glaubensgründen möglichst radikal unterdrückt, dann wird alles wieder gut. –  Sorry, welcher Gott sollte daran Gefallen finden?

    Um abzulenken werden Probleme zur Not auch künstlich erzeugt und dann „gelöst“. Im Hintergrund stehen zumeist tiefer liegende Ressentiments gegen die Moderne, gegen jede Emanzipation und vor allem gegen Vernunft und Geist. Alles soll so bleiben wie es ist, besser noch, alles soll so werden, wie es einmal war, als alles angeblich noch gut war. – Aber auch das funktioniert mit Sicherheit nicht.

    Der treibende Faktor im Prozeß der Zivilisation ist Individualisierung. Alle suchen so gut sie können nach sich selbst, wollen sich spüren und sehen lassen können in ihrer Einzigartigkeit. Aber die Wenigsten wissen von sich, wer sie eigentlich sind oder sein wollen, ganz unabhängig vom Sollen. – Was hilft?

    Philosophie kann helfen, wenn es darum geht, mehr Boden unter die Füße zu bekommen. Man kann nicht alles zugleich anzweifeln und sollte schon gar nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt. Der Reihe nach, also mit Methode geht das durchaus. – Wichtig und wesentlich ist aber vor allem eines, daß geredet wird. Es braucht Dialoge und Diskurse vor allem über das, was peinlich sein könnte, über Ängste, Gefühle, Sehnsüchte, Gelüste, Unsicherheiten, Rollenkonflikte. Wenn immer mehr Menschen einander authentisch begegnen, dann können Dialoge entstehen, die den Horizont wirklich erweitern. Dann könnte es auch sein, daß manche dieser Bannflüche brechen, mit denen wir uns und unseresgleichen immerzu klein machen und klein halten.

    Derzeit ist jedoch allenthalben ein Mangel an Geist, an Bescheidenheit und ein Mangel an Gelassenheit zu verzeichnen. Man glaubt ernsthaft, überall hineinpfuschen zu können, ohne wirklich eine Ahnung zu haben von dem, was da eigentlich vor sich geht in den Systemen.

    Wer hat denn die Endokrinologie wirklich so auf dem Schirm, daß die Wirkung künstlicher Hormongaben nicht nur so ungefähr verstanden wird, sondern in ihrer ganzen Wechselwirkung bis hinauf zur Seele, zur Psyche und bis hin zum Geist beurteilen zu können? – Es müßte schon ein Universalgenie sein, daß es so nicht mehr geben kann. Also braucht es den Streit der Fakultäten, aber keine Einheitspartei, keine Einheitswissenschaft und auch keinen Einheitsbrei.

    In der Tat steht ein Kurswechsel an, der Ausstieg aus dem Carbon-Zeitalter und der Einstieg in die Welt der regenerativen Energie. – Politik kann im Namen des Staates die Rahmenbedingungen schaffen oder auch verändern. Populismus ist aber kontraproduktiv.

    Ein schönes Beispiel für gelungene Politik ist das Patentrecht. Ein Erfinder wird seine Erfindung geheim halten wollen, weil er nichts davon hätte, wenn andere ernten, was er gesät hat. – Genau das aber wäre nicht im Sinne von Wirtschaft und Gesellschaft. Deren Interesse besteht vielmehr darin, daß Patente öffentlich gemacht werden.  – Also verbürgt sich der Staat dafür, daß die Rechte des Urhebers gewahrt bleiben. Dafür muß aber die Erfindung öffentlich gemacht werden, und der Erfinder erhält darauf sein Patent, mit dem er am Markt mit den Verwertern auftreten und verhandeln kann. Es braucht also eigentlich nicht viel, um ganz gewaltig etwas zu verändern, so daß es auf den richtigen Kurs kommt.

    In der chinesischen Philosophie gibt es dazu ein Prinzip, es ist das „Wu Wei“, was bedeutet „Nicht-Tun“. Damit ist aber keineswegs „Nichtstun“ gemeint, vielmehr geht es um eine Philosophie der Intervention. Es kommt darauf an, mit geringfügigen Eingriffen die entscheidenden Reize zu setzen, um einen Kurswechsel in die gewünschte Richtung zu bewirken. Das macht gute Politik zur Kunst.

    Das macht gute Pädagogik, gute Psychologie, gute Philosophie aus. In den Dialogen sind Mentoren nur anwesend und tun dabei, rein äußerlich betrachtet, nicht sonderlich viel.  Sie “moderieren” und sind wie die Katalysatoren in der Chemie oder in der Biologie. – Wenn und solange sie anwesend sind, wird aber das Unmögliche möglich.

    Reaktionen, für die eigentlich anspruchsvolle Rahmenbedingungen erforderlich sind, gehen ohne Probleme vonstatten, als wäre ein ganz besonderer Zauber im Spiel. – Die Meme, also gute Ideen haben etwas von solcher Zauberkraft. Wesentlich ist, daß ein Geist aufkommt, der die Musen zur Hilfe rufen kann, so daß man sich vor Begeisterung vor so vieler guter Einfälle kaum noch erwehren kann.

    Dann gilt es, mit bewußter Unterkühlung die einzelnen Optionen zu prüfen und womöglich ins Konzept zu bringen. Das wäre gute Politik, das ist aber bereits Kunst und vielleicht auch Philosophie, wenn denn das Gute, Schöne und Wahre wirklich zusammengebracht werden könnten.

    Wenn sich im Dialog die erlösenden Worte einstellen, so daß wir endlich sagen können, was schon längst sollte gesagt und verstanden worden sein, erst dann kommen wir uns selbst und einander näher in einem Verstehen, das seine Basis gefunden hat. Das sind Momente des Glücks, für die es zu leben sich lohnt.

    Die Wirklichkeit selbst wird immer vielfältiger, nur schwarz-weiß oder wenigsten grau zu denken, sie Sloterdijk anregt, ist noch immer nicht farbig. Aber das wäre vielleicht auch ein wenig zu viel des Guten. – Dagegen ist aber auch der kausalfetischistische Ungeist keineswegs dazu angetan, wirklich auf gute Ideen zu kommen.

    Johan König: Athene und die Neun Musen an der Quelle von Hipokrene (1624).

    Wie wäre es, wenn sich die Vernunft und die Musen zusammentun? – Wenn ich darüber spekuliere, wie die Vernunft es wohl macht, wenn sie ein Modell dessen erstellen soll, worauf es insgesamt ankommt, dann wird es doch wohl nicht im Sinne der MINT-Fächer sein, nicht im Sinne der vielberufene “Rationalität” oder “Wissenschaftlichkeit”, denn es gibt so viele davon wie Götter im Pantheon.

    Der Leitstern kann nicht der allenthalben bemühte Kausal-Fetischismus sein, der in der Corona-Krise schon so viel geistige Verwirrung gestiftet hat. Nein, die Vernunft optimiert sich in Hinsicht auf Schönheit, als Einheit des Wahren, Schönen und Guten. – Dieser Meta-Diskurs sollte endlich an die Stelle der Papstkirche treten, um die alten Götter ebenso wie die Musen dazu zu bewegen, ihre uralten Kämpfe, Tänze und Inspirationen wieder aufzunehmen.
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    Stoibern und Drosten

    Inkompetenzkompensationskompetenz

    Ja, die gibt es wirklich. Odo Marquardt hat sie entdeckt, die Kompetenz der Philosophen als Stuntman in Kompetenzfragen. Wenn man des nächtens durch universitäre Katakomben streifte und aus irgendeinem der Räume große Heiterkeit zu vernehmen war, dann konnte man sich vielleicht daran erfreuen, einer Rede des begnadeten Bedeutungskünstlers Odo Marquardt beizuwohnen.

    So beginnt er seinen Vortrag “Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz der Philosophie” mit einer makabren Geschichte, die gleich auf den Kopf zu sprechen kommt, um den es gehen soll, den philosophischen Kopf.

    Bei einem chinesischen Henkerwettstreit – so wird erzählt – geriet der zweite Finalist in die Verlegenheit, eine schier unüberbietbar präzise Enthauptung durch seinen Konkurrenten, der vor ihm dran war, überbieten zu müssen. Es herrschte Spannung. Mit scharfer Klinge führte er seinen Streich. Jedoch der Kopf des zu Enthauptenden fiel nicht, und der also scheinbar noch nicht enthauptete Delinquent blickte den Henker erstaunt und fragend an. Drauf dieser zu ihm: nicken Sie mal.

    Mich interessiert, was dieser Kopf denkt, bevor er nickt; denn das müßte doch Ähnlichkeit haben mit Gedanken der Philosophie über sich selber.

     

    Wenn genügend hintersinniger Witz, also Geist vorhanden ist, dann ist auch die Sprache in ihrem Element. Schließlich muß der Geist die Worte, denen wir anvertrauen wollen, was wir mitteilen möchten, erst ‘beseelen’.  Diese geisterhafte Geistigkeit kommt von den Metaphern, die man sich herbeiruft, um mit ihnen wie im Zirkus nicht ungefährliche Dressurstückchen vorzuführen. – Das Spannende daran ist allerdings, daß Metaphorisieren schief gehen kann und zwar ganz gewaltig.

    Auch das hat wiederum einen ausgezeichneten Unterhaltungswert. Dann fehlt allerdings der Geist, der dem Gesagten die Seele einhaucht. Aber in den Vorstellungswelten aufmerksamer Zuhörer können Geister auch durch demonstrative Abwesenheit eine Botschaft absetzen. Dann geht so gut wie alles schief, was schief gehen kann. – Dann steckt der Geist im unberücksichtigten Hintersinn, der in der letzten Reihe seine Faxen macht und den ordnungsgemäßen Ablauf der Ziehung der Worte als Glückstreffer so richtig sabotiert.

    Eines der erlesensten Demonstrationen sprachlicher Inkompetenz ist die unvergeßliche Rede des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, der sich für eine Strecke mit dem Transrapid zwischen Münchener Hauptbahnhof und Flughafen stark machen wollte. Er hatte dabei etwas vor Augen, das ihm aufgrund sprachlichen Unvermögens oder auch, weil er einen schlechten Tag gehabt haben mag, einfach nicht gelang, eigentlich eine Banalität zum Ausdruck zu bringen: Eine Flugreise vom Münchener Flughafen könnte bereits im Hauptbahnhof beginnen, deshalb solle man sich doch die Vorzüge nicht nur vor Augen führen, sondern nicht entgehen lassen und die Strecke für den Transrapid endlich befürworten und bauen.

    Es ist ein unvergessenes Werk der Sprachkunst, weil man sieht, was alles schief gehen kann. Ich weiß, es ist böse, aber die Schadenfreude bereitet gerade auch eine große, halbverbotene Freude, die in diesen finsteren Zeiten auch etwas Entlastendes haben kann. – Also katholisch gesehen, ist es nur eine läßliche Sünde, auf eine Sammlung hinzuweisen, die Kenner der Redekunst bei Youtube zusammengetragen haben unter dem Titel “Stoibers Gestammelte Werke”. Die Trans-Rapid-Rede findet sich dort gleich zu Beginn.

    Gut gestoibert ist halb gedrostet. Ich komme darauf, weil mir manche Ähnlichkeiten ist Auge fallen und ich gerade dabei bin, nachzuvollziehen, warum der NDR-Podcast von Prof. Dr. Christian Heinrich Maria Drosten sich so großer Beliebtheit erfreut, seit den Anfängen unserer Pan-Hysterie.

    Ich denke mal, daß es viele Geisteswissenschaftler sein müssen, die ehrfurchtsvoll lauschen, wenn da jemand so ähnlich stammelt, wie Stoiber. Und ich frage mich: Kann es sein, daß viele Kollegen aus den Geisteswissenschaften dem Naturwissenschaftler seinen unbeholfenen Umgang mit Sprache gern nachsehen? – Ist es möglich, daß sie darin sogar eine besonderes Zeichen von Kompetenz sehen?

     

     

     

  • Anthropologie,  Diskurs,  Ethik,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Kunst,  Lehramt,  Lehre,  Lüge,  Moderne,  Moral,  Motive der Mythen,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Schule,  Seele,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Utopie,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    EPG II b (online und Block)

    Oberseminar

    EPG II b (Online)

    Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    SS 2022 | Beginn: 30. Juni 2022 | Ende: 14. August 2022 | Online und Block
    Ab 30. Juni 2022: 5 Seminare online | donnerstags: 14:00–15:30 Uhr, sowie
    3 Workshops im Block: 12., 13., 14. August 2022 | 14–19 Uhr | Raum: 30.91-110

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    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Zwischen den Stühlen

    Eine Rolle zu übernehmen bedeutet, sie nicht nur zu spielen, sondern zu sein. Wer den Lehrerberuf ergreift, steht gewissermaßen zwischen vielen Stühlen, einerseits werden höchste Erwartungen gehegt, andererseits gefällt sich die Gesellschaft in abfälligen Reden. — Das mag damit zusammenhängen, daß jede(r) von uns eine mehr oder minder glückliche, gelungene, vielleicht aber eben auch traumatisierende Schulerfahrung hinter sich gebracht hat.

    Es sind viele potentielle Konfliktfelder, die aufkommen können im beruflichen Alltag von Lehrern. Daß es dabei Ermessenspielräume, Handlungsalternativen und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eigenen Ideale mit ins Spiel zu bringen, soll in diesem Seminar nicht nur thematisiert, sondern erfahrbar gemacht werden.

    Das Selbstverständnis und die Professionalität sind gerade bei Lehrern ganz entscheidend dafür, ob die vielen unterschiedlichen und mitunter paradoxen Anforderungen erfolgreich gemeistert werden: Es gilt, bei Schülern Interesse zu wecken, aber deren Leistungen auch zu bewerten. Dabei spielen immer wieder psychologische, soziale und pädagogische Aspekte mit hinein, etwa wenn man nur an Sexualität und Pubertät denkt. — Mitunter ist es besser, wenn möglich, lieber Projekt–Unterricht anzuregen, wenn kaum mehr was geht.

    Es gibt klassische Konfliktlinien, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht selten die eigenen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hineinspielen. Aber auch interkulturelle Konflikte können aufkommen. Das alles macht nebenher auch Kompetenzen in der Mediation erforderlich. — Einerseits wird individuelle Förderung, Engagement, ja sogar Empathie erwartet, andererseits muß und soll gerecht bewertet werden. Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund, daß dabei Lebenschancen zugeteilt werden.

    Gerade in letzter Zeit sind gestiegene Anforderungen bei Inklusion und Integration hinzugekommen. Auch Straf– und Disziplinarmaßnahmen zählen zu den nicht eben einfachen Aufgaben, die allerdings wahrgenommen werden müssen. — Ein weiterer, immer wieder akuter und fordernder Bereich ist das Mobbing, das sich gut ›durchspielen‹ läßt anhand von Inszenierungen.

    Es gibt nicht das einzig richtige professionelle Verhalten, sondern viele verschiedene Beweggründe, die sich erörtern lassen, was denn nun in einem konkreten Fall möglich, angemessen oder aber kontraproduktiv sein könnte. Pädagogik kann viel aber nicht alles. Bei manchen Problemen sind andere Disziplinen sehr viel erfahrener und auch zuständig. — Unangebrachtes Engagement kann selbst zum Problem werden.

    Wichtig ist ein professionelles Selbstverständnis, wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu kennen, und mitunter auch einfach mehr Langmut an den Tag zu legen. Zudem werden die Klassen immer heterogener, so daß der klassische Unterricht immer seltener wird. — Inklusion, Integration oder eben Multikulturalität gehören inzwischen zum Alltag, machen aber Schule, Unterricht und Lehrersein nicht eben einfacher.

    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit setzen zwar hohe Erwartungen in Schule und Lehrer, gefallen sich aber zugleich darin, den ganzen Berufstand immer wieder in ein unvorteilhaftes Licht zu rücken. — Unvergessen bleibt die Bemerkung des ehemaligen Kanzlers Gehard Schröder, der ganz generell die Lehrer als faule Säcke bezeichnet hat.

    „Ihr wißt doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.“

    Dieses Bashing hat allerdings Hintergründe, die eben darin liegen dürften, daß viel zu viele Schüler*innen ganz offenbar keine guten Schulerfahrungen gemacht haben, wenn sie später als Eltern ihrer Kinder wieder die Schule aufsuchen.

    Ausbildung oder Bildung?

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tatsächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

    Stichworte für Themen

    #„ADHS“ #Aufmerksamkeit #Bewertung in der Schule #Cybermobbing #Digitalisierung #Disziplinarmaßnahmen #Elterngespräche #Erziehung und Bildung #Genderdiversity #Heldenreise und Persönlichkeit in der Schule #Inklusion #Interesse–Lernen–Leistung #Interkulturelle Inklusion #Islamismus #Konflikte mit dem Islam in der Schule #Konfliktintervention durch Lehrpersonen #LehrerIn sein #Lehrergesundheit #Medieneinsatz #Medienkompetenz #Mitbestimmung in der Schule #Mobbing #Online-Unterricht #Political Correctness #Professionelles Selbstverständnis #Projektunterricht #Pubertät #Referendariat #Respekt #Schule und Universität #Schulfahrten #Schulverweigerung #Sexualität und Schule #Strafen und Disziplinarmaßnahmen #Ziviler Ungehorsam

    Studienleistung

    Eine regelmäßige und aktive Teilnahme am Diskurs ist wesentlich für das Seminargeschehen und daher obligatorisch. — Studienleistung: Gruppenarbeit, Präsentation und Hausarbeit.

  • Anthropologie,  Diskurs,  Ethik,  Identität und Individualismus,  Lehramt,  Lehre,  Moderne,  Moral,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Schule,  Seele,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    EPG II a (online)

    Oberseminar

    EPG II a

    Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    SS 2022 | freitags | 14:00-15:30 Uhr | online 

    Beginn: 22. April 2022 | Ende: 29. Juli 2022

    Zum Kommentar als PDF

    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Zwischen den Stühlen

    Eine Rolle zu übernehmen bedeutet, sie nicht nur zu spielen, sondern zu sein. Wer den Lehrerberuf ergreift, steht gewissermaßen zwischen vielen Stühlen, einerseits werden höchste Erwartungen gehegt, andererseits gefällt sich die Gesellschaft in abfälligen Reden. — Das mag damit zusammenhängen, daß jede(r) von uns eine mehr oder minder glückliche, gelungene, vielleicht aber eben auch traumatisierende Schulerfahrung hinter sich gebracht hat.

    Es sind viele potentielle Konfliktfelder, die aufkommen können im beruflichen Alltag von Lehrern. Daß es dabei Ermessenspielräume, Handlungsalternativen und vor allem auch Raum gibt, sich selbst und die eigenen Ideale mit ins Spiel zu bringen, soll in diesem Seminar nicht nur thematisiert, sondern erfahrbar gemacht werden.

    Das Selbstverständnis und die Professionalität sind gerade bei Lehrern ganz entscheidend dafür, ob die vielen unterschiedlichen und mitunter paradoxen Anforderungen erfolgreich gemeistert werden: Es gilt, bei Schülern Interesse zu wecken, aber deren Leistungen auch zu bewerten. Dabei spielen immer wieder psychologische, soziale und pädagogische Aspekte mit hinein, etwa wenn man nur an Sexualität und Pubertät denkt. — Mitunter ist es besser, wenn möglich, lieber Projekt–Unterricht anzuregen, wenn kaum mehr was geht.

    Es gibt klassische Konfliktlinien, etwa Eltern–Lehrer–Gespräche, in denen nicht selten die eigenen, oft nicht eben guten Schul–Erfahrungen der Eltern mit hineinspielen. Aber auch interkulturelle Konflikte können aufkommen. Das alles macht nebenher auch Kompetenzen in der Mediation erforderlich. — Einerseits wird individuelle Förderung, Engagement, ja sogar Empathie erwartet, andererseits muß und soll gerecht bewertet werden. Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund, daß dabei Lebenschancen zugeteilt werden.

    Gerade in letzter Zeit sind gestiegene Anforderungen bei Inklusion und Integration hinzugekommen. Auch Straf– und Disziplinarmaßnahmen zählen zu den nicht eben einfachen Aufgaben, die allerdings wahrgenommen werden müssen. — Ein weiterer, immer wieder akuter und fordernder Bereich ist das Mobbing, das sich gut ›durchspielen‹ läßt anhand von Inszenierungen.

    Es gibt nicht das einzig richtige professionelle Verhalten, sondern viele verschiedene Beweggründe, die sich erörtern lassen, was denn nun in einem konkreten Fall möglich, angemessen oder aber kontraproduktiv sein könnte. Pädagogik kann viel aber nicht alles. Bei manchen Problemen sind andere Disziplinen sehr viel erfahrener und auch zuständig. — Unangebrachtes Engagement kann selbst zum Problem werden.

    Wichtig ist ein professionelles Selbstverständnis, wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu kennen, und mitunter auch einfach mehr Langmut an den Tag zu legen. Zudem werden die Klassen immer heterogener, so daß der klassische Unterricht immer seltener wird. — Inklusion, Integration oder eben Multikulturalität gehören inzwischen zum Alltag, machen aber Schule, Unterricht und Lehrersein nicht eben einfacher.

    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit setzen zwar hohe Erwartungen in Schule und Lehrer, gefallen sich aber zugleich darin, den ganzen Berufstand immer wieder in ein unvorteilhaftes Licht zu rücken. — Unvergessen bleibt die Bemerkung des ehemaligen Kanzlers Gehard Schröder, der ganz generell die Lehrer als faule Säcke bezeichnet hat.

    „Ihr wißt doch ganz genau, was das für faule Säcke sind.“

    Dieses Bashing hat allerdings Hintergründe, die eben darin liegen dürften, daß viel zu viele Schüler*innen ganz offenbar keine guten Schulerfahrungen gemacht haben, wenn sie später als Eltern ihrer Kinder wieder die Schule aufsuchen.

    Ausbildung oder Bildung?

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tatsächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

    Stichworte für Themen

    #„ADHS“ #Aufmerksamkeit #Bewertung in der Schule #Cybermobbing #Digitalisierung #Disziplinarmaßnahmen #Elterngespräche #Erziehung und Bildung #Genderdiversity #Heldenreise und Persönlichkeit in der Schule #Inklusion #Interesse–Lernen–Leistung #Interkulturelle Inklusion #Islamismus #Konflikte mit dem Islam in der Schule #Konfliktintervention durch Lehrpersonen #LehrerIn sein #Lehrergesundheit #Medieneinsatz #Medienkompetenz #Mitbestimmung in der Schule #Mobbing #Online-Unterricht #Political Correctness #Professionelles Selbstverständnis #Projektunterricht #Pubertät #Referendariat #Respekt #Schule und Universität #Schulfahrten #Schulverweigerung #Sexualität und Schule #Strafen und Disziplinarmaßnahmen #Ziviler Ungehorsam

    Studienleistung

    Eine regelmäßige und aktive Teilnahme am Diskurs ist wesentlich für das Seminargeschehen und daher obligatorisch. — Studienleistung: Gruppenarbeit, Präsentation und Hausarbeit.