• Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Ironie,  Melancholie,  Moderne,  Motive der Mythen,  Religion,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Philosophischer Salon

    Philosophischer Salon

    Literaturhaus im Prinz-Max-Palais

    WS 2019 | donnerstags | 18:00–20:00 Uhr

    Was­si­ly Kan­din­sky: Thir­ty (1937). Musée natio­nal d’art moder­ne, Paris. — Quel­le: Public Domain via Wiki­me­dia.

    Kul­tur ist ein Mit­tel, nicht ein­fach nur ver­rückt zu wer­den, ange­sichts der über­for­dern­den Kom­ple­xi­tät einer Welt, der wir als Indi­vi­du­en und auch als Gat­tung ziem­lich gleich­gül­tig sind. — Es gilt, dar­über hin­aus zu gehen und Ord­nung zu schaf­fen, also Bedeu­tun­gen. Kul­tur bie­tet Ori­en­tie­rung und Schutz, sie gewährt Erwar­tungs­si­cher­heit, basa­le Gefüh­le und die Erfah­rung, getra­gen sein von wie­der erkenn­ba­ren Struk­tu­ren, die ver­läß­lich sind.

    Wir sind immer auf der Suche nach Sinn, weil sich dar­an das eige­ne Ori­en­tie­rungs­ver­mö­gen selbst wie­der ori­en­tie­ren läßt. Daher ist Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung von so gro­ße Bedeu­tung, denn Sinn ver­schafft Sicher­heit im Gei­ste, und das in einer Welt, die über­mäch­tig und eigent­lich auch unbe­herrsch­bar erscheint. 

    Aber die Welt läßt sich in Geschich­ten ver­stricken, so daß wir uns wie an einem Ari­ad­ne­fa­den im Laby­rinth einer immer unüber­sicht­li­cher wer­den­den Welt ori­en­tie­ren kön­nen, obwohl wir sie als gan­ze gar nicht überschauen.

    Lite­ra­tur­haus | Karls­ru­he | Prinz-Max-Palais | Karl­stra­ße 10 | Foto: Bern­hard Schmitt

    Men­schen sind Ori­en­tie­rungs­wai­sen. Jedes Tier ist voll­kom­men inte­griert in den ange­stamm­ten Lebens­raum. — Man möch­te anneh­men, daß ›die‹ Natur mit dem Men­schen das Spiel eröff­net hat, wie es wohl sei, ein Wesen zu erschaf­fen, das sich selbst ori­en­tie­ren kann. Inzwi­schen ist die Welt fast voll­stän­dig umge­baut wor­den. Schon bald wer­den zwei Drit­tel der Welt­be­völ­ke­rung in Städ­ten leben.

    Der Anspruch, sich in die­sen künst­li­chen Wel­ten zu ori­en­tie­ren, steigt stän­dig. Zur Ori­en­tie­rung braucht es inzwi­schen Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung. Dabei soll gera­de auch die Indi­vi­dua­li­tät zum Zuge kom­men. — Die Zei­ten sind vor­bei, in denen tra­di­tio­nel­le Rol­len muster­gül­tig gelebt wer­den muß­ten, vor allem Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten, die kei­nen Aus­bruch, kei­ne Abwei­chung, kei­ne Spe­ren­zi­en dul­de­ten. Immer weni­ger ›Sinn‹ ist vor­ge­ge­ben, was eben bedeu­tet, sich selbst zu orientieren.

    Seit alters her wer­den ein­schlä­gi­ge Ant­wor­ten auf letz­te Fra­gen immer wie­der neu von den Mythen gege­ben, die das Kunst­stück beherr­schen, Welt­ver­trau­en und Zuver­sicht zu schaf­fen. Wie das geschieht, das soll mit immer wie­der neu­en Ein­sich­ten im Phi­lo­so­phi­schen Salon zur Erfah­rung gebracht wer­den. — Men­schen sind kos­mi­sche Wai­sen, aus­ge­setzt in dem Bewußt­sein, sich selbst beden­ken zu müssen.

  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Ironie,  Melancholie,  Moderne,  Motive der Mythen,  Religion,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Philosophische Ambulanz

    Philosophische Ambulanz

    WS 2019 | freitags | 11:30–13:00 Uhr | Raum: 30.91–110 (OG)

    Beginn: 23. Okt. 2019 | Ende: 7. Febr. 2020

    Fer­di­nand Bart: Der Zau­ber­lehr­ling, (1882). Zeich­nung aus dem Buch Goethe’s Wer­ke, 1882. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia

    Und sie lau­fen! Naß und nässer
    Wird’s im Saal und auf den Stufen.
    Welch ent­setz­li­ches Gewässer!
    Herr und Mei­ster! hör mich rufen! —
    Ach, da kommt der Meister!
    Herr, die Not ist groß!
    Die ich rief, die Geister,
    Werd ich nun nicht los.
    »In die Ecke,
    Besen! Besen!
    Seid’s gewe­sen.
    Denn als Geister
    Ruft euch nur, zu sei­nem Zwecke,
    Erst her­vor der alte Meister.

    (Goe­the: Der Zauberlehrling)

    In der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz kommt die Phi­lo­so­phie wie­der zurück auf den Marktplatz, wo Sokra­tes sei­ne Dis­pu­te führ­te, immer auf der Suche nach einer Philosophie, die es bes­ser auf­neh­men kann mit der Wirk­lich­keit. In den Dia­lo­gen und Dis­kur­sen der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz soll es dar­um gehen, in gemein­sa­men Gedan­ken­gän­gen die bes­se­ren, höhe­ren und tie­fe­ren Ein­sich­ten zu gewinnen.

    Ver­ste­hen ist Erfah­rungs­sa­che, Ver­stän­di­gung ist eine Fra­ge der Übung. Oft herr­schen aber fal­sche Vor­stel­lun­gen vor: Gemein­sa­mes Ver­ste­hen ent­steht im Dia­log und in Dis­kur­sen, bei denen es nicht vor­ran­gig um Meinungsäußerungen und Stel­lung­nah­men geht. Es kommt auch nicht dar­auf an, Recht zu behal­ten, sich zu behaup­ten oder etwa ver­meint­li­che ›Geg­ner‹ mund­tot zu machen. — Gewalt ent­steht, wo Wor­te ver­sa­gen, wenn nicht gesagt und ver­stan­den wer­den kann, was einem wirk­lich am Her­zen liegt. Es kommt viel mehr dar­auf an, im gemein­sa­men Ver­ste­hen wei­ter­zu­kom­men, so daß sich die Dis­kur­se anrei­chern und ihre Suk­zes­si­on, also einen Fort­schritt errei­chen. Daher ist es so wich­tig, gera­de im Kon­flikt aus einem Dis­sens her­aus wie

    der zu neu­em Ein­ver­neh­men zu fin­den. Erst das macht uns zu mün­di­gen Zeit­ge­nos­sen, wenn wir auch über die eige­ne Stel­lung­nah­me noch frei ver­fü­gen kön­nen. — Zu Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, Wider­sprü­che und Ambi­va­len­zen nicht schleu­nigst auf­zu­lö­sen, weil sie anstren­gend sind. Viel­mehr gilt es, das Den­ken selbst in der Schwe­be zu hal­ten. Der Weg ist das Ziel, gera­de auch beim Philosophieren.

    Es gilt, nicht nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern neue und gänz­lich unbe­kann­te Per­spek­ti­ven zu erpro­ben. Daher ist der Posi­ti­ons­wech sel von so emi­nen­ter Bedeu­tung. Genau das ist ›Bil­dung‹, den Stand­ort der Betrach­tung wech­seln, um eine Stel­lung­nah­me ggf. auch aus einer belie­bi­gen ande­ren Per­spek­ti­ve vor­neh­men, kom­men­tie­ren und beur­tei­len zu können.

    [gview file=“https://nennen-online.de/wp-content/uploads/Nennen-Philosophische_Ambulanz-WS19.pdf” save=“1”]

  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Moderne,  Motive der Mythen,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Vorlesung,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Die Urbanisierung der Seele

    Die Urbanisierung der Seele. 

    Über Zivilisation und Wildnis

    Das Ewig-Weib­li­che als Motiv aller Moti­ve ist weit weni­ger bio­lo­gi­scher Natur, als gemein­hin ange­nom­men wird, denn gera­de die Geschlech­ter­rol­len sind eine Fol­ge der Zivi­li­sa­ti­on. Zuvor waren die Ver­hält­nis­se der Geschlech­ter stets anders arrangiert.

    Heinz-Ulrich Nennen: Die Urbanisierung der Seele.
    Heinz-Ulrich Nen­nen: Die Urba­ni­sie­rung der See­le. Über Zivi­li­sa­ti­on und Wild­nis; (Zeit­Gei­ster 2). tre­di­ti­on, Ham­burg. 312 S. – Paper­back 18,99 €, ISBN: 978–3‑7482–1319‑2. Hard­co­ver 28,99 €, ISBN: 978–3‑7482–1320‑8. Erschei­nungs­da­tum: 07.03.2019

    Wild­beu­ter sind nicht sess­haft, daher wäre es unsin­nig, Besitz­tü­mer anzu­häu­fen und ver­er­ben zu wol­len. Inso­fern ist auch nicht das Haben, son­dern das Sein ent­schei­dend, wenn und wo es um Aner­ken­nung geht. – Unter den Bedin­gun­gen der Zivi­li­sa­ti­on geht es jedoch um Besitz und Sta­tus, vor allem in Bezug auf Frau­en, was sich anhand von Alle­go­rien über Weib­lich­keit demon­trie­ren läßt. Pan­do­ra steht sym­bo­lisch für die Ver­lockun­gen, Fol­gen und Neben­fol­gen im Pro­zess der Zivi­li­sa­ti­on. Aphro­di­te ver­kör­pert als Göt­tin der Lie­be den Ver­drän­gungs-Wett­be­werb unter Frau­en und die Ent­schie­den­heit, im Zwei­fels­fall alles ein­zu­set­zen. Der­weil steht die schö­ne Hele­na für das Schick­sal, im Spiel der Mäch­te zum wil­len­lo­sen Opfer und zur schö­nen Beu­te gemacht zu wer­den, um als Trumpf, Tro­phäe, viel­leicht sogar im Tri­umph gewalt­sam genom­men zu wer­den. Es gibt eine Foto­gra­fie, die minu­ti­ös von Fried­rich Nietz­sche gegen den Ein­spruch der Betei­lig­ten arran­giert wor­den ist. – Lou Andre­as-Salo­mé hat Fried­rich Nietz­sche und Paul Rée vor ihren Kar­ren gespannt. So könn­te eine Inter­pre­ta­ti­on lau­ten, zumal die Begehr­te kurz zuvor die Hei­rats­an­trä­ge bei­der Män­ner abge­lehnt hat­te. – Es mag sein, dass Nietz­sche sich von die­ser ent­täu­schen­den Lie­be inspi­rie­ren ließ. Aber neben der bio­gra­phi­schen Inter­pre­ta­ti­on ist eine ande­re noch tief­grün­di­ger, es geht um das Motiv aller Moti­ve. Das berühm­te Foto spot­tet jeder land­läu­fi­gen Inter­pre­ta­ti­on des gemei­nen Spruchs: »Wenn Du zum Wei­be gehst, ver­giss die Peit­sche nicht«. Gera­de die­ser Satz hat Nietz­sche in Ver­ruf gebracht. Betrach­tet man aber das Foto genau­er, so zeigt sich, wer hier die Peit­sche führt: Es ist das Weib. 


    Alle Bän­de der Rei­he Zeit­Gei­ster erschei­nen bei tre­di­ti­on – wer­den aber auch hier suk­zes­si­ve zum Down­load frei­ge­ge­ben. 

    [gview file=“Nennen-Die-Urbanisierung-der-Seele.pdf” save=“1”]

  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Moderne,  Motive der Mythen,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Philosophischer Salon

    Philosophischer Salon

    Literaturhaus im Prinz-Max-Palais

    SS 2019 | donnerstags | 18:00–20:00 Uhr

    Was­si­ly Kan­din­sky: Thir­ty (1937). Musée natio­nal d’art moder­ne, Paris. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia.

    Kul­tur ist ein Mit­tel, nicht ein­fach nur ver­rückt zu wer­den, ange­sichts der über­for­dern­den Kom­ple­xi­tät einer Welt, der wir als Indi­vi­du­en und auch als Gat­tung ziem­lich gleich­gül­tig sind. Es gilt, dar­über hin­aus zu gehen und Ordnung zu schaf­fen, also Bedeu­tun­gen. Kul­tur bie­tet Ori­en­tie­rung und Schutz, sie gewährt Erwar­tungs­si­cher­heit, basa­le Gefüh­le und die Erfah­rung, getra­gen sein von wie­der erkenn­ba­ren Struk­tu­ren, die ver­läß­lich sind.

    Wir sind immer auf der Suche nach Sinn, weil sich dar­an das eige­ne Ori­en­tie­rungs­ver­mö­gen selbst wie­der ori­en­tie­ren läßt. Daher ist Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung von so gro­ße Bedeu­tung, denn Sinn ver­schafft Sicher­heit im Gei­ste, und das in einer Welt, die über­mäch­tig und eigent­lich auch unbe­herrsch­bar erscheint. Aber die Welt läßt sich in Geschich­ten ver­stricken, so daß wir uns wie an einem Ari­ad­ne­fa­den im Laby­rinth einer immer unüber­sicht­li­cher wer­den­den Welt ori­en­tie­ren kön­nen, obwohl wir sie als gan­ze gar nicht überschauen.

    Lite­ra­tur­haus | Prinz-Max-Palais | Karl­stra­ße 10 | Karlsruhe

    Men­schen sind Ori­en­tie­rungs­wai­sen. Jedes Tier ist voll­kom­men inte­griert in den ange­stamm­ten Lebens­raum. — Man möch­te anneh­men, daß ›die‹ Natur mit dem Men­schen das Spiel eröff­net hat, wie es wohl sei, ein Wesen zu erschaf­fen, das sich selbst ori­en­tie­ren kann. Inzwi­schen ist die Welt fast voll­stän­dig umge­baut wor­den. Schon bald wer­den zwei Drit­tel der Welt­be­völ­ke­rung in Städ­ten leben.

    Der Anspruch, sich in die­sen künst­li­chen Wel­ten zu ori­en­tie­ren, steigt stän­dig. Zur Ori­en­tie­rung braucht es inzwi­schen Ori­en­tie­rungs­ori­en­tie­rung. Dabei soll gera­de auch die Indi­vi­dua­li­tät zum Zuge kom­men. — Die Zei­ten sind vor­bei, in denen tra­di­tio­nel­le Rol­len muster­gül­tig gelebt wer­den muß­ten, vor allem Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten, die kei­nen Aus­bruch, kei­ne Abwei­chung, kei­ne Spe­ren­zi­en dul­de­ten. Immer weni­ger ›Sinn‹ ist vor­ge­ge­ben, was eben bedeu­tet, sich selbst zu orientieren.

    Seit alters her wer­den ein­schlä­gi­ge Ant­wor­ten auf letz­te Fra­gen immer wie­der neu von den Mythen gege­ben, die das Kunst­stück beherr­schen, Welt­ver­trau­en und Zuver­sicht zu schaf­fen. Wie das geschieht, das soll mit immer wie­der neu­en Ein­sich­ten im Phi­lo­so­phi­schen Salon zur Erfah­rung gebracht wer­den. — Men­schen sind kos­mi­sche Wai­sen, aus­ge­setzt in dem Bewußt­sein, sich selbst beden­ken zu müssen.

    16. Mai 2019 | Prof. Dr. Hans-Peter Schütt | Karlsruhe

    Amor und Psyche

    13. Juni 2019 | Dr. Joa­chim Ham­mann | Frankfurt

    Die Hel­den­rei­se

    4. Juli 2019 | Prof. Dr. Die­ter Birn­ba­cher | Düsseldorf

    Über Mora­li­sie­rung

    18. Juli 2019 | Prof. Dr. Phil­ipp Hübl | Berlin

    Der Unter­grund des Denkens

    25. Juli 2019 | Prof. Dr. Jan Söff­ner | Friedrichshafen

    Kör­per und Geist

    Jeweils 18:00–20:00 Uhr im Prinz-Max-Palais.
    [jupdf-view­er file=“https://nennen-online.de/wp-content/uploads/Nennen-Philosophischer-Salon-SS19.pdf”]

  • Identität und Individualismus,  Moderne,  Motive der Mythen,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Philosophische Ambulanz

    Philosophische Ambulanz

    SS 2019 | freitags | 11:30–13:00 Uhr | Café NUN | Gottesauer Str. 35 | Karlsruhe

    Beginn: 3. Mai 2019 | Ende: 26. Juli 2019

    Fer­di­nand Bart: Der Zau­ber­lehr­ling, (1882). Zeich­nung aus dem Buch Goethe’s Wer­ke, 1882. — Quel­le: Public Domain via Wikimedia

    Und sie lau­fen! Naß und nässer
    Wird’s im Saal und auf den Stufen.
    Welch ent­setz­li­ches Gewässer!
    Herr und Mei­ster! hör mich rufen! —
    Ach, da kommt der Meister!
    Herr, die Not ist groß!
    Die ich rief, die Geister,
    Werd ich nun nicht los.
    »In die Ecke,
    Besen! Besen!
    Seid’s gewe­sen.
    Denn als Geister
    Ruft euch nur, zu sei­nem Zwecke,
    Erst her­vor der alte Meister.

    (Goe­the: Der Zauberlehrling)

    In der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz kommt die Phi­lo­so­phie wie­der zurück auf den Marktplatz, wo Sokra­tes sei­ne Dis­pu­te führ­te, immer auf der Suche nach einer Philosophie, die es bes­ser auf­neh­men kann mit der Wirk­lich­keit. In den Dia­lo­gen und Dis­kur­sen der Phi­lo­so­phi­schen Ambu­lanz soll es dar­um gehen, in gemein­sa­men Gedan­ken­gän­gen die bes­se­ren, höhe­ren und tie­fe­ren Ein­sich­ten zu gewinnen.

    Ver­ste­hen ist Erfah­rungs­sa­che, Ver­stän­di­gung ist eine Fra­ge der Übung. Oft herr­schen aber fal­sche Vor­stel­lun­gen vor: Gemein­sa­mes Ver­ste­hen ent­steht im Dia­log und in Dis­kur­sen, bei denen es nicht vor­ran­gig um Meinungsäußerungen und Stel­lung­nah­men geht. Es kommt auch nicht dar­auf an, Recht zu behal­ten, sich zu behaup­ten oder etwa ver­meint­li­che ›Geg­ner‹ mund­tot zu machen. — Gewalt ent­steht, wo Wor­te ver­sa­gen, wenn nicht gesagt und ver­stan­den wer­den kann, was einem wirk­lich am Her­zen liegt. Es kommt viel mehr dar­auf an, im gemein­sa­men Ver­ste­hen wei­ter­zu­kom­men, so daß sich die Dis­kur­se anrei­chern und ihre Suk­zes­si­on, also einen Fort­schritt errei­chen. Daher ist es so wich­tig, gera­de im Kon­flikt aus einem Dis­sens her­aus wie

    der zu neu­em Ein­ver­neh­men zu fin­den. Erst das macht uns zu mün­di­gen Zeit­ge­nos­sen, wenn wir auch über die eige­ne Stel­lung­nah­me noch frei ver­fü­gen kön­nen. — Zu Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, Wider­sprü­che und Ambi­va­len­zen nicht schleu­nigst auf­zu­lö­sen, weil sie anstren­gend sind. Viel­mehr gilt es, das Den­ken selbst in der Schwe­be zu hal­ten. Der Weg ist das Ziel, gera­de auch beim Philosophieren.

    Es gilt, nicht nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern neue und gänz­lich unbe­kann­te Per­spek­ti­ven zu erpro­ben. Daher ist der Posi­ti­ons­wech sel von so emi­nen­ter Bedeu­tung. Genau das ist ›Bil­dung‹, den Stand­ort der Betrach­tung wech­seln, um eine Stel­lung­nah­me ggf. auch aus einer belie­bi­gen ande­ren Per­spek­ti­ve vor­neh­men, kom­men­tie­ren und beur­tei­len zu können.

    [gview file=“https://nennen-online.de/wp-content/uploads/Nennen-Philosophische-Ambulanz-SS19.pdf” save=“1”]

  • Anthropologie,  Diskurs,  Ethik,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Ironie,  Kunst,  Künstler,  Lehramt,  Lehre,  Leib,  Melancholie,  Moderne,  Moral,  Motive der Mythen,  Platon,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Schönheit,  Schuld,  Schule,  Seele,  Technikethik,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Utopie,  Vorlesung,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Vorlesungen und Seminare

    Heinz-Ulrich Nennen: Vorlesungen und Seminare. Wordcloud 2016.
    Heinz-Ulrich Nen­nen: Vor­le­sun­gen und Semi­na­re. Word­cloud 2016.

  • Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Melancholie,  Moderne,  Religion,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Dialog und Diskurs

    Schwebendes Denken

    Bezau­bern­de Bil­der bezeu­gen, wie innig die Phi­lo­so­phie allem zuge­tan ist, was Flü­gel verleiht. 

    Bei Hegel beginnt die Eule der Miner­va ihren Flug erst in der Däm­me­rung. – Pla­ton schil­dert das Auf­stei­gen zur Erkennt­nis mit der Alle­go­rie vom See­len­wa­gen, bei dem es dar­um geht, am Tri­umph­zug der Göt­ter über das nächt­li­che Fir­ma­ment, quer über die Milch­stra­ße bis hin zum Reich der Ideen teil­neh­men zu kön­nen. Aber den aller­mei­sten Zeit­ge­nos­sen feh­le es dabei an “Federn”, auch beherr­schen sie nicht die Selbstführung… 

    Die Gedan­ken sind frei, es kommt dar­auf an, sie schwe­ben, flie­gen und auf­stei­gen zu las­sen. Es kommt dar­auf an, daß sie stets offen blei­ben, sich inspi­rie­ren zu lassen.

    Phi­lo­so­phi­scher Salon Karlsruhe

    Phi­lo­so­phi­sche Ambu­lanz Karlsruhe

    Phi­lo­so­phi­scher Salon | B‑Si­de-Festi­val 2019 | Mün­ster

    Philosophisches Café Münster

    NeuFlyerPhilcafeMS_Seite_1

    Wenn her­kömm­li­che Ori­en­tie­run­gen unsi­cher wer­den, dann stel­len sich Fra­gen der Selbst­ori­en­tie­rung. Neue Ant­wor­ten las­sen sich jedoch erst fin­den, wenn zuvor genü­gend Abstand genom­men wird. Erst aus der Distanz läßt sich das Gan­ze umfas­send in den Blick neh­men. – Nur so kommt das Neue ins Den­ken und dazu ist Phi­lo­so­phie unver­zicht­bar. Phi­lo­so­phie­ren bedeu­tet, sich durch eige­nes Den­ken zu ori­en­tie­ren, gera­de dann, wenn vie­les in der Schwe­be ist.

    Phil_Salon_OB-Plakat

    Neben dem phi­lo­so­phi­schen Dia­log als inten­si­ver Form, sich in The­men von exi­sten­ti­el­ler Bedeu­tung ein­zu­füh­len, um sie zu erör­tern, bie­tet das Phi­lo­so­phi­sche Café die Mög­lich­keit, auch in grö­ße­ren Grup­pen tie­fer mit­ein­an­der ins Gespräch zu kom­men. – Es gilt, nicht ein­fach nur die übli­chen Stand­punk­te zu ver­tre­ten, son­dern alle erdenk­li­chen Posi­tio­nen vor­be­halt­los zu erör­tern. So wird die Sache selbst all­mäh­lich gemein­sam ent­wickelt und nicht sel­ten las­sen sich ihr ganz neue Sei­ten abge­win­nen. Man­ches erscheint dann in ande­rem Licht, so daß sich auch für die eige­ne Stel­lung­nah­me ganz neue Per­spek­ti­ven eröffnen.

    Das Phi­lo­so­phi­sche Café ver­steht sich als Forum für eine Phi­lo­so­phie, die erst im gemein­sa­men Gespräch auf­kom­men kann. Das The­ma wird in der Regel nicht vor­ge­ge­ben, es ergibt sich zwang­los fast wie von selbst. Der Gang des Gesprächs ist offen und dabei ist es nicht so ent­schei­dend, wie sich ande­re Phi­lo­so­phen bereits dazu geäu­ßert haben. Gewiß ist es anre­gend zur Kennt­nis zu neh­men, was bereits gesagt wor­den ist, aber viel wich­ti­ger ist es, sich selbst beim gemein­sa­men Phi­lo­so­phie­ren zu erfahren.

    Über­zeu­gun­gen sol­len nicht ein­fach nur ver­tre­ten, son­dern dar­ge­legt wer­den. Die Situa­ti­on ist hand­lungs­ent­la­stet, nichts muß beschlos­sen wer­den. Nie­mand muß sich über­zeu­gen las­sen, denn wir über­zeu­gen uns ohne­hin immer nur selbst. Ent­schei­dend ist, das eige­ne Den­ken an den Tag zu legen. Erst dann wird jene Frei­heit spür­bar, von der die Höhen­flü­ge der Phi­lo­so­phie getra­gen wer­den. – Phi­lo­so­phie hat eben auch ihre Pra­xis: Es ist die Freu­de dar­an, wie unter­schied­lich die Per­spek­ti­ven doch sein können.

    Kaum eine davon ist ohne Berech­ti­gung, aber nur weni­ge davon spre­chen wirk­lich fürs Gan­ze. Es gibt vie­le aber nicht unend­lich vie­le Hinisch­ten, aus denen sich die­sel­be Sache betrach­ten läßt. Ent­schei­dend sind daher vor allem sol­che Hin­sich­ten, die in der Sache wei­ter brin­gen und hel­fen, bes­ser zu ver­ste­hen, wor­auf es ankom­men könnte.

    Für den Gang sol­cher Unter­su­chun­gen präg­te Hegel das Bild vom Flug der Eule der Miner­va und bei Pla­ton fin­det sich die Alle­go­rie vom See­len­wa­gen. Die­se bezau­bern­den Bil­der bezeu­gen, wie innig die Phi­lo­so­phie allem zuge­tan ist, was Flü­gel ver­leiht, weni­ger um abzu­he­ben, son­dern um einen guten Über­blick und neue Ein­blicke zu erhal­ten. – Alles was Flü­gel ver­leiht, hat daher einen sym­bo­li­schen Bezug zur Phi­lo­so­phie, weil Federn zum Schrei­ben tau­gen, weil sie Gedan­ken beflü­geln und weil dann nur noch die not­wen­di­ge Seh‑, Erkennt­nis- und Urteils­kraft dazu gehört, um erken­nen zu kön­nen, was sich in der Däm­me­rung abzu­zeich­nen beginnt.

    Blaue_Stunde_MS-Flyer

    Das ulti­ma­ti­ve Ziel sol­cher Rei­sen ist Pla­ton zufol­ge eine Expe­di­ti­on ins Reich der Ideen. Beim Aus­ritt zusam­men mit den Göt­tern über das nächt­li­che Fir­ma­ment alle 10.000 Jah­re kommt es dar­auf an, sehr schwe­re Him­mel­s­pas­sa­ge zu bestehen, mit einem all­zu mensch­li­chen Gespann aus einem guten und einem schlech­ten Pferd. Vie­le stür­zen dabei ab und fal­len unmit­tel­bar wie­der ins Sein ohne sich wie­der­erin­nern zu kön­nen. – Erst hin­ter die­ser schwie­ri­gen Him­mel­s­pas­sa­ge wür­de man zusam­men mit den Göt­tern die Ideen anschauen.

    Es kommt dar­auf an, die Kunst des Schwe­bens zu beherr­schen. Dazu braucht es ‚Federn‘und die wach­sen nur denen die lie­ben, denn die Lie­be in ihrem hei­li­gen Wahn soll wie­der­um Ähn­lich­keit haben mit dem, wie denen zumu­te ist, die die Ideen erschau­en. Und Pla­ton zufol­ge ver­leiht gera­de die Phi­lo­so­phie sol­che Flü­gel, schließ­lich geht es ihr – nicht nur dem Namen nach, um die Lie­be zur Weisheit.

    Sol­che Gesprä­che sind dazu ange­tan, die Sache selbst wie eine Feder durch den Atem aller, die mit­re­den und mit­den­ken, in der Schwe­be zu hal­ten, um beim gemein­sa­men Phi­lo­so­phie­ren wie im Flug ins Reich der Ideen unter­wegs zu sein.

    Feder-big