Das Schloßcafé—eine Herzenssache

Schloßgarten–Restaurant Mün­ster, 2020. Foto von Rox­Fuchs via Wiki­me­dia. Lizenz: Crea­ti­ve Com­mons: CC-BY‑4.0.

Der Ort hat(te) Flair.—Tagsüber, sonn­tags, mit­tags, abends oder auch bis tief in der Nacht, es sind viel­fäl­ti­ge Momen­te, die Men­schen hier mit­ein­an­der ver­bun­den haben. So etwas läßt sich nicht ein­fach abreißen.

Das Restau­rant im Schloß­gar­ten von Mün­ster ist ein ganz beson­de­rer Ort in der Intim­ge­schich­te der Stadt.—Ein Abbruch des Hau­ses, ein Bruch mit die­ser Tra­di­ti­on wäre wirk­lich nicht wünsch­bar. Die Kon­ti­nui­tät soll­te auf irgend­ei­ne Wei­se gewahrt bleiben.

Das Schloß­ca­fé ist etwas beson­de­res. Wir brau­chen Loka­li­tä­ten mit gutem Geist, an denen wir uns auf­ge­ho­ben füh­len. Das Wohl­ge­fühl gelingt an tra­di­tio­nel­len Orten mit eige­ner Geschich­te und einer Aura, die sich spü­ren läßt.

Das gilt gera­de auch für Loka­le, ›wo wir damals immer hin­gin­gen, wenn das eine oder das ande­re stattfand.‹—Bei allem ange­sag­ten Indi­vi­dua­lis­mus ist es erhe­bend, sich selbst an einem sol­chen Ort zu erle­ben; wo ande­re schon vor lan­ger Zeit sich und ein­an­der gefun­den haben. Davon abge­trennt zu wer­den, hät­te etwas von einer geistig–seelischen Amputation.

Das Schloß­ca­fé im Win­ter, 2021. Foto von Rai­ner Hala­mar via Wiki­me­dia. Lizenz: Crea­ti­ve Com­mons: CC-BY‑4.0.

War­um sol­len wir uns nicht beken­nen, gera­de auch für ›Sen­ti­men­ta­li­sches‹, für Träu­me, Phan­ta­sien und für Orte, die uns wirk­lich etwas gege­ben haben.

Aber das alles wird uns pein­lich gemacht. Daher sind wir sprach­lich nur sel­ten bereit und in der Lage, zum Aus­druck zu brin­gen, was denn nun das Beson­de­re an jenem Ort war, von dem so vie­le ande­re auch reden.

Ich selbst habe eini­ge Näch­te im Schloß­ca­fé ver­bracht. Und die­se Näch­te hat­ten etwas Bewe­gen­des. Es war kaum ein Durch­kom­men, andau­ernd gab es Blicke und Begeg­nun­gen, Gesten, Hoch­ge­füh­le und Ver­ab­re­dun­gen …—Es herrsch­te eine dich­te Atmo­sphä­re, wie man sie nur sel­ten erlebt.

Philosophisches Café im Erker

Der Erker im Schloß­ca­fé Münster.—Quelle: Eige­nes Foto.

Der Erker in die­sem Kaf­fee­haus ist mehr als ide­al, die Kon­stel­la­ti­on ist ein­fach wie geschaf­fen für phi­lo­so­phi­sche Diskurse.—Es ging ja nicht um Vor­trä­ge, son­dern um Dia­lo­ge auf Augen­hö­he, die ihren eige­nen Weg suchen und fin­den soll­ten. Das gelang dort immer wieder.

Phi­lo­so­phi­sches Café im Schloß­ca­fé 2009/10.—Quelle: Eige­nes Foto

Hiobsbotschaften

In letz­ter Zeit hör­te ich immer wie­der, das Schloß­ca­fé sei geschlos­sen wegen Umbau­ar­bei­ten. Jetzt ist noch etwas hin­zu­ge­kom­men: Von Bau­fäl­lig­keit ist die Rede, so daß es scheint, hin­ter den Kulis­sen stün­de bereits der Abrißbagger.—Aber ganz so ein­fach ist das nicht, dafür zu sor­gen, daß mal wie­der ein Haus mit Geist und Geschich­te ein­fach weg ist.

Was wer­den unse­re Emo­tio­nen wohl dann mit uns machen, wenn sie den Ort und das Haus sol­cher Erin­ne­run­gen ver­lo­ren haben?—Sie wer­den zuerst an sich selbst zwei­feln und sich zuletzt noch tie­fer in die zeit­ge­mä­ße, immer grö­ßer wer­den­de Ver­bit­te­rung begeben.

Wie­der ein­mal wur­de bewie­sen, daß es auf unse­re Sen­ti­men­ta­li­tät in die­ser Welt nun wirk­lich nicht ankom­men kann. Es gibt eben Wichtigeres?