Der Staat als Monster
Entscheidend, ob er der Gesellschaft dient oder über sie herrscht
Alles was uns wertvoll erscheint, ist es immer nur in Hinsicht auf einen äußeren Zweck. Aber Menschen tragen ihren Zweck in sich selbst und verfügen über Freiheit und Autonomie, um sich selbst Zwecke zu setzen. In diesem Selbstzweck und im Recht auf Selbstbestimmung liegt die Würde des Menschen. — Mit diesem Beweis gelingt Immanuel Kant in der Metaphysik der Sitten die Begründung einer Ethik der Menschenwürde, die nicht mehr auf die Theologie der Ebenbildlichkeit angewiesen ist.
Aber Staaten haben sich aus vielerlei Gründen immer wieder an der Selbstzwecksetzung und an der Freiheit und Autonomie von Menschen und ganzen Gesellschaften systematisch vergriffen. — Dabei wurden und wird vielen die Emanzipation vorenthalten oder auch ganz vereitelt.
Nicht selten erzeugen Staaten gezielt gewünschte Verhältnisse, so wie sie ihren Interessen zuträglich sind. — Das geschieht aus beliebigen anderweitigen Interessen, die nicht im Dienste der Humanität stehen, bei denen es ums Haben geht, aber nicht um Sein; um Macht, aber nicht um Geist.
Die im Prozeß der Zivilisation entstandenen Staaten vergötzen sich selbst. Sie neigen dazu, die anvertrauten Gesellschaften bei Gelegenheit für die eigenen Zwecke zu mißbrauchen, mitunter im Ungeist einer zynischen Menschenverachtung, die einem jeden Humanismus spottet. — Der Staat ist ein Monster, daher ist es entscheidend, ob er der Gesellschaft dient oder über sie herrscht; ob er in seiner titanischen Macht beherrscht und kontrolliert wird oder selbst herrscht.
Staaten sind eher an Untertanen interessiert. Sollten sie nicht ausnahmsweise dem Geist des Humanismus verpflichtet sein, so halten sie nach Möglichkeit ›ihre‹ Gesellschaft ganz bewußt klein und führen sie bei Gelegenheit auch hinters Licht, — Noch immer muß dazu das Ammenmärchen herhalten, ›der‹ Mensch sei als solcher gar nicht in der Lage, sich selbst zu führen und könne gar nicht ohne Vormundschaft, von sich aus das Richtige einsehen und auch tun können.
Ein weiteres Ammenmärchen ist die Rede vom ›guten Hirten‹, auf dessen Führung ›seine‹ Schafe angeblich angewiesen sind. Die Freiheit, die Autonomie und der Selbstzweck des Menschen, das macht dieses alte Narrativ eigentlich obsolet. Noch immer herrscht ein Menschenbild der Menschenverachtung vor. — Es ist an der Zeit, mit der Emanzipation der Gesellschaft und der Höherentwicklung der politischen Kultur durch das Projekt der Direkten Demokratie endlich zu beginnen.