Psychologie in Mythen und Märchen

Gustave Moreau [Public domain], via Wikimedia Commons
Gustave Moreau [Public domain], via Wikimedia Commons

Über die todessehnsüchtige Melancholie der Ungeheuer

Die Plots ausnehmend vieler Märchen und Mythen ranken sich immer wieder um absonderliche Gestalten und Figuren, um seltsame Wesen. Nicht selten sind es Monster, deren Existenz äußerst problematisch ist. Oft sind sie entstellt, der Zugang zu ihrer eigenen Natur ist ihnen genommen. Eigentlich dürften sie gar nicht sein, aber es ist etwas Ungeheuerliches vorgefallen.

Ein Fluch, ein böser Zauber liegt über dem ganzen Land und läßt sich einfach nicht lösen. Irgend etwas hat dieses Monster auf den Plan gerufen, das Ungeheure ist nicht einfach nur da. Es taucht nicht einfach nur auf, sondern ist selbst verursacht. Und nun gehen von Stund an ganz erhebliche Wirkungen davon aus. Nichts kann so bleiben wie es ist, aber nichts läßt sich ändern. Die Lage ist aussichtslos, zu viele haben es bereits versucht, sind kläglich gescheitert und haben dabei ihr Leben verloren.

Es ist bemerkenswert, wie erstaunlich anschlußfähig märchenhafte Ungeheuer und mythische Monster eigentlich sind. Sie sind nicht selten unglücklich über sich selbst. Aber der Zauber einer Untat hat Macht über sie, hat sie ins Leben, in die Wirklichkeit gerufen, hat ihnen zu erscheinen befohlen und nun sind sie da, ebenso ungeheuerlich wie berechenbar, nachfühlbar, in ihrer Existenz nachvollziehbar, wenn man ihnen nur Gelegenheit bietet, zu sagen, was es mit ihnen auf sich hat. – Das Monster betritt die Bühne stets in dem Augenblick, von dem ab die Handlung ihren unumkehrbaren Verlauf nehmen wird, alles läuft zunächst auf die Konstellation absoluter Ausweglosigkeit hinaus. Der Schlaf der Vernunft gebiert diese Ungeheuer.